Daunorubicin (Dauno, DaunoXome)

Der folgende Text informiert über Anwendung, Wirkung und mögliche Nebenwirkungen des Daunorubicins sowie darüber, welche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen auftreten können und in welchen Fällen Daunorubicin nicht oder nur eingeschränkt verabreicht werden darf.

Autor:  Julia Dobke, Redaktion:  Julia Dobke, Freigabe:  Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 17.11.2017 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e190460

Anwendung: Wie wird Daunorubicin eingesetzt?

Daunorubicin wird in Kombination mit weiteren gegen Krebs wirksamen Arzneimitteln bei der Behandlung von Tumoren und Blutkrebs (Leukämien) verwendet. Es wird ausschließlich als Infusion in eine Vene (intravenös, i.v.) verabreicht.

Wirkung: Wie wirkt Daunorubicin?

Daunorubicin gehört zu der Substanzgruppe der Anthrazykline. Anthrazykline (oder Anthracykline) sind aus bestimmten Bakterienarten (Streptomyces) gewonnene oder künstlich hergestellte (synthetische) Substanzen.

Sie verhindern auf verschiedene Weise die Zellteilung, so zum Beispiel, indem sie durch Einlagerung in die Erbsubstanz DNA deren Verdoppelung stören (die jeder Zellteilung vorausgeht) oder auch dadurch, dass sie (durch freie Radikale) die DNA in kleine Stücke brechen. Darüber hinaus können Anthrazykline die Zellmembran schädigen, die die Zelle umgibt, und dadurch bewirken, dass sie abstirbt.

Nebenwirkungen: Welche Begleiterscheinungen können während oder nach der Behandlung mit Daunorubicin auftreten?

Wir beschränken uns im Folgenden auf die Darstellung der sehr häufig bis häufig und gelegentlich auftretenden Nebenwirkungen. (Definition: Aufgetretene Fälle pro Anzahl der Behandelten)

Sehr häufig: mehr als 1 von 10; häufig: mehr als 1 von 100; gelegentlich: mehr als 1 von 1000; selten: mehr als 1 von 10 000; sehr selten: weniger als 1 von 10 000.

Dabei gehen wir organweise vor. Für mehr Informationen zu den selten bis sehr selten auftretenden Nebenwirkungen informieren Sie sich bitte in den Fach- und Gebrauchsinformationen des jeweiligen Herstellers.

Sehr häufige Nebenwirkungen

Knochenmark / Immunsystem

Abhängig von der Medikamenten-Dosis können unterschiedlich schwere Grade von Knochenmarkschädigung (eine so genannte Knochenmarkdepression oder Myelosuppression) auftreten, die mit einem Abfall der Zahl weißer Blutkörperchen (Leukozytopenie) sowie einem Abfall der Zahl der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und der roten Blutkörperchen (Blutarmut, Anämie) einhergehen.

Eine schwere Immunsuppression kann zu schwerwiegenden Infektionen mit manchmal tödlichem Ausgang führen. Im schwersten Fall kann es zu einer Sepsis und einem septischen Schock kommen. Letzteres ist aber nur sehr selten der Fall.

Magen-Darmtrakt

Sehr häufig kommt es nach der Gabe von Daunorubicin zu Schleimhautentzündungen des Mundes, der Speiseröhre (Brennen, Schluckbeschwerden) und/oder des Darms (Mukositis, Stomatitis). Durchfall mit entsprechendem Nährstoffverlust (Kalium- und Eiweißverlust) ebenso wie Übelkeit und Erbrechen können die Folge sein. Es kommt häufig zu Appetitlosigkeit.

Gefäßsystem

Bei der Verabreichung von Daunorubicin in eine periphere Vene kommt es sehr häufig zu einer Entzündung der Gefäßwand (Thrombophlebitis). Durch die Nutzung eines Zentralen Venenkatheters (zum Beispiel Broviac-Katheter) kann das Risiko stark gesenkt werden.

Haut und Unterhaut

Wenn das Daunorubicin durch Injektion in eine Vene verabreicht wird, kann es zu lokalen Hautreaktionen an der Einstichstelle kommen. Wenn die Vene verletzt oder das Medikament neben die Venen injiziert wird (Paravasat), können schwere Schädigungen des Hautgewebes (Nekrose) die Folge sein.

Die Gabe von Daunorubicin kann Haarausfall (rückgängig) verursachen. Es können sich Hautausschlag (Exanthem), Hautrötungen (Erythem), Lichtempfindlichkeit der Haut und/oder ein Hand-Fuß-Syndrom bilden. Bei Letzterem handelt es sich um eine mit schmerzhafter Schwellung und Rötung einhergehende Hautveränderung an den Handflächen und Fußsohlen.

Leber

Es kommt sehr häufig zu einer Leberfunktionsstörung, die sich durch eine Erhöhung bestimmter Leberwerte (Transaminasen und Bilirubin) im Blut-Serum äußert. Nach Ende der Therapie bilden sich diese wieder zurück. Bei Patienten mit erhöhten Bilirubinwerten verlangsamt sich in der Regel die Ausscheidung des Daunorubicin, was wiederum zu einer erhöhten Rate an anderen unerwünschten Nebenwirkungen führt.

Häufig auftretende Nebenwirkungen

Herz

Daunorubicin kann unerwünschte Nebenwirkungen am Herz hervorrufen. Man unterscheidet zwei Typen von Nebenwirkung am Herzen, abhängig von Zeitpunkt des Auftretens, Dosisabhängigkeit und Ausprägung des Krankheitsbildes.

  • Der dosisunabhängige „Soforttyp“ tritt während oder kurz nach der Infusion auf und äußert sich zum Beispiel durch zu schnellen oder zu langsamen Herzschlag oder auch durch Herzrhythmusstörung mit schnellem Herzschlag. Diese Symptome bilden sich von alleine zurück und hinterlassen keinen Schaden am Herzen.
  • Der dosisabhängige „Spättyp“ ist durch eine anhaltende Schädigung des Herzmuskels, zum Beispiel mit Linksherzschwäche, gekennzeichnet, die zu einer eingeschränkten Belastbarkeit und Atemnot führt. Die Entwicklung dieses Spättyps steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der verabreichten Gesamtdosis aller anthrazyklinhaltiger Medikamente während der Gesamttherapiedauer, der so genannten Kummulativdosis. Zu den Anthrazyklinen zählen, neben Daunorubicin, unter anderem Doxorubicin, Idarubicin und Mitoxantron.

Eine nicht rückgängig zu machende Schädigung des Herzmuskels, wie sie für den dosisabhängingen Spättyp charakteristisch ist, kann unterschiedlich schwer sein und schlimmstenfalls in einer lebensbedrohlichen Herzschwäche enden. Der Zeitpunkt des Beginns variiert stark: Er kann bereits einige Monate nach Ende der Therapie auftreten, aber auch erst viele Jahre nach Abschluss der Therapie. Deswegen wird allen ehemaligen Patienten empfohlen, die Herzfunktion regelmäßig überprüfen zu lassen.

Haut

Daunorubicin verstärkt die Wirkung einer Strahlentherapie. Selbst wenn die Verabreichung des Medikaments eine beträchtliche Zeit nach Beendigung der Strahlentherapie erfolgt, können in den betroffenen, das heißt, zuvor bestrahlten Hautbereichen ernste Symptome wie Hautrötung, Schwellung bis hin zu Blasenbildung der Haut auftreten.

Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen

Magen-Darmtrakt

Durch die Schädigung der Schleimhäute kann es gelegentlich zu Blutungen im Magen oder Darm kommen.

Die therapiebedingte Entzündung des Dickdarms (Kolitis) kann zu Beschädigungen der Darmwand und in der Folge zu einer schweren Infektion führen. Dies tritt allerdings eher bei einer Kombinationstherapie mit den Zytostatika Daunorubicin und Cytarabin auf.

Harntrakt

Innerhalb von ein bis zwei Tagen nach der Infusion kann sich der Harn rot färben. Die Verfärbung ist harmlos (das Medikament ist rot) und verschwindet von selbst wieder.

Zweittumoren (Zweitmalignome)

Nach der Behandlung mit Daunorubicin in Kombination mit anderen Zytostatika kann es auch viele Jahre nach der Behandlung zum Auftreten von Zweittumoren (zum Beispiel Blutkrebs) kommen. Mehr zu therapiebedingten Zweittumoren erfahren Sie hier.

Das Deutsche Kinderkrebsregister erfasst alle Zweiterkrankungen bei Kindern, die im Alter von unter 15 beziehungsweise 18 Jahren zum ersten Mal an Krebs erkrankt sind. Dort finden Sie auch nähere Informationen.

Geschlechtsdrüsen / Fortpflanzungsfähigkeit

Daunorubicin kann bei weiblichen Jugendlichen und bei Frauen den Hormonhaushalt dauerhaft stören, so dass die Menstruationsblutung ausbleibt. In der Regel normalisieren sich Eisprung und Menstruation nach Beendigung der Therapie; nur in seltenen Fällen können einige Frauen keine Kinder bekommen.

Bei männlichen Jugendlichen und bei Männern kann die Spermienproduktion dauerhaft erniedrigt sein oder ganz aussetzen. In einigen Fällen wurde auch über eine Normalisierung der Werte berichtet, manchmal Jahre nach Beendigung der Therapie. Weitere Informationen zu therapiebedingten Fruchtbarkeitsstörungen erhalten Sie hier.

Wechselwirkungen: Mit welchen anderen Medikamenten / Substanzen kann Daunorubicin interagieren?

  • Andere herz- oder knochenmarkschädigende Substanzen: Werden zeitgleich mit Daunorubicin weitere herz- oder knochenmarkschädigende Zytostatika (Kombinationschemotherapie) oder Medikamente verabreicht, können die unerwünschten Nebenwirkungen auf das Knochenmark, die Leber und das Herz verstärkt auftreten.
  • Strahlentherapie: Daunorubicin verstärkt die Wirkung einer Strahlentherapie. Selbst wenn das Medikament eine beträchtliche Zeit nach Beendigung der Strahlentherapie verabreicht wird, können in den betroffenen, das heißt zuvor bestrahlten Hautbereichen ernste Symptome auftreten.

Gegenanzeigen: Wann darf Daunorubicin nicht angewendet werden?

Daunorubicin darf nicht angewendet werden:

  • bei Patienten, die eine ausgeprägte Knochenmarkdepression aufweisen (einschließlich Patienten mit erhöhter Blutungsneigung).
  • bei Vorliegen einer Herzerkrankung bereits vor Beginn der Therapie oder wenn diese im Verlauf der Therapie aufgetreten ist (fortschreitende Herzschwäche, schwerwiegende Herzrhythmusstörungen und Leitungsstörungen, akute entzündliche Herzerkrankung, Erkrankung des Herzmuskels).
  • bei Vorliegen einer schweren Nierenerkrankung.
  • bei Vorliegen einer schweren Lebererkrankung.
  • wenn in vorherigen Behandlungen bereits die maximal empfohlene Daunorubicin-Dosis (Kummulativdosis) erreicht wurde.

Quellen: Fach- und Gebrauchsinformationen der Hersteller; Stiftung Warentest: Medikamente im Test: Krebs