Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) – Kurzinformation

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems. In diesem Text erhalten Sie die wichtigsten Informationen zu Krankheitsbild und Krankheitsformen sowie zu Häufigkeit, möglichen Ursachen, Symptomen, Diagnose, Behandlung und Prognose der Erkrankung.

Autor:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Prof. Dr. med. Birgit Burkhardt; Prof. Dr. med. Wilhelm Wößmann; PD Dr. med. Alexander Claviez, Zuletzt geändert: 25.01.2024 https://dx.doi.org/10.1591/poh.patinfo.nhl.kurz

Krankheitsbild

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind bösartige (maligne) Erkrankungen des lymphatischen Systems [siehe lymphatisches System]. Sie gehören zu den malignen Lymphomen. Der Begriff „malignes Lymphom“ bedeutet wörtlich übersetzt „bösartige Lymphknotengeschwulst“. In der medizinischen Fachsprache ist damit eine große Gruppe von Krebserkrankungen gemeint, die von Zellen des lymphatischen Systems ausgehen und als ein Hauptmerkmal Lymphknotenschwellungen (Lymphome) hervorrufen können.

Maligne Lymphome werden prinzipiell in das nach dem Arzt und Pathologen Dr. Thomas Hodgkin benannte Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin) und die Non-Hodgkin-Lymphome eingeteilt. Zu den NHL gehören, wie der Name vermuten lässt, alle bösartigen Lymphome, die kein Morbus Hodgkin sind. Die Unterscheidung ist nur durch die Untersuchung von befallenem Gewebe möglich.

Non-Hodgkin-Lymphome entstehen durch eine bösartige Veränderung (Entartung) von Lymphozyten, einer Gruppe weißer Blutzellen, die sich vor allem im Blut und in den lymphatischen Geweben aufhalten. Da sich im gesamten Körper Lymphgewebe befindet, können NHL überall im Körper entstehen. Die Lymphknoten sind am häufigsten betroffen, aber auch andere lymphatische Gewebe und Organe (dazu zählen zum Beispiel Milz, Thymusdrüse, die Mandeln und die Peyer-Plaques im Dünndarm) können Ausgangsort der bösartigen Erkrankung sein.

NHL sind selten auf eine bestimmte Stelle im Körper begrenzt. Sie tendieren vielmehr dazu, von ihrem Ursprungsort aus alle anderen Organe und Gewebe – zum Beispiel das Knochenmark, die Leber und das Zentralnervensystem – zu befallen. Aus diesem Grund werden sie – wie die Leukämien – auch als bösartige Systemerkrankung bezeichnet. Bezüglich ihrer Eigenschaften sind sie mit der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) verwandt.

Fast alle NHL im Kindes- und Jugendalter sind hochgradig bösartig (hochmaligne NHL). Das heißt, sie breiten sich schnell im ganzen Körper aus und verursachen dadurch schwere Erkrankungen, die unbehandelt zum Tod führen. Niedrigmaligne NHL mit langsamerer Ausbreitungsgeschwindigkeit, wie sie häufig im Erwachsenenalter vorkommen, sind bei Kindern und Jugendlichen selten.

Häufigkeit

In Deutschland erkranken nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters (Mainz) pro Jahr etwa 145 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren neu an einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL). Damit machen NHL in der Altersgruppe der 0-17-Jährigen etwa 6,4 % aller bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. Hinzu kommen reife B-Zell-Leukämien (Burkitt-Leukämien), die ebenfalls wie NHL behandelt werden, mit einem Anteil von circa 0,5 %, das heißt, etwa 10-11 gemeldeten Neuerkrankungen jährlich.

NHL können in jedem Alter auftreten, im Kindes- und Jugendalter sind vor allem Kinder ab dem vierten Lebensjahr betroffen. Vor dem dritten Lebensjahr tritt die Erkrankung nur selten auf. Jungen erkranken insgesamt mehr als doppelt so häufig wie Mädchen. Das Geschlechterverhältnis kann jedoch erheblich variieren, je nachdem, um welche Form des NHL es geht.

Ursachen

Die Ursachen für die Entstehung von Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) sind weitgehend unbekannt. Zwar weiß man, dass die Krankheit durch die bösartige Veränderung (Entartung) von Lymphozyten entsteht und dass die Entartung mit Veränderungen im Erbgut der Zelle einhergeht. In den meisten Fällen bleibt jedoch unklar, warum genetische Veränderungen auftreten und warum sie bei manchen Kindern zur Erkrankung führen, bei anderen nicht. Nach heutigem Wissen müssen verschiedene Faktoren zusammenwirken, bevor ein NHL entsteht.

Bekannt ist, dass Kinder und Jugendliche mit bestimmten angeborenen Erkrankungen des Immunsystems ein deutlich erhöhtes Risiko haben, an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken. Erbliche Vorerkrankungen, die die Entwicklung einer NHL begünstigen, sind zum Beispiel das Wiskott-Aldrich-Syndrom und das Louis-Bar-Syndrom. Da diese (sehr seltenen) Krankheitsbilder mit einer Veranlagung für die Krebsentstehung einhergehen, werden sie auch als Krebsprädispositionssyndrome bezeichnet. Auch erworbene Immundefekte (beispielsweise durch eine HIV-Infektion) sowie Therapien, die über lange Zeit die körpereigene Abwehr unterdrücken (zum Beispiel im Rahmen einer Organ-Transplantation, seltener einer Blut-Stammzelltransplantation) führen zu einem erhöhten Krankheitsrisiko.

Darüber hinaus können auch Viren, radioaktive Strahlen sowie bestimmte chemische Substanzen und Medikamente bei der Entstehung eines NHL eine Rolle spielen. Bei den meisten Patienten sind allerdings keine krankheitsbegünstigenden Faktoren bekannt.

Symptome

Hochmaligne, aggressive Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) führen aufgrund ihrer hohen Wachstumsgeschwindigkeit schnell zu sich vergrößernden Tumoren, die entweder sichtbar sind oder durch ihre Lage Krankheitszeichen (Symptome) verursachen.

Erste Symptome eines NHL sind meist ungewöhnliche Lymphknotenschwellungen, die in der Regel keine Schmerzen hervorrufen.

Vergrößerte Lymphknoten können im Kopf-, Hals- und Nackenbereich, an Armen und Beinen, in der Achselhöhle, in der Leiste oder an mehreren Stellen gleichzeitig auftreten. Die Krankheit kann auch in Lymphknotenregionen beginnen, die von außen nicht sichtbar oder tastbar sind, zum Beispiel im Brust- oder Bauchraum. Große Lymphknoten im Bauchraum können sich durch Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Erbrechen und/oder auch Rückenschmerzen bemerkbar machen. Unter Umständen kann es zu einem Darmverschluss kommen. Sind Lymphknoten im Brustraum betroffen, zum Beispiel im so genannten Mediastinum, dem Raum zwischen den beiden Lungenflügeln, kann es durch Druck auf Lunge und Atemwege zu Atembeschwerden, Husten und Atemnot kommen. Ähnliche Symptome werden auch durch einen Befall der Thymusdrüse, der Lunge oder der Atemwege ausgelöst.

Häufig sind auch andere lymphatische und nicht-lymphatische Organe und Gewebe betroffen. So können Milz und Leber durch den Befall mit Lymphomzellen vergrößert sein (Splenomegalie bzw. Hepatomegalie). Bei Patienten mit einem NHL kann es auch zu einem Befall der Hirnhäute kommen; Kopfschmerzen, Gesichtslähmungen, Sehstörungen und/oder Erbrechen können die Folge sein. Knocheninfiltrationen können Knochenschmerzen verursachen.

Bei manchen Patienten ist die Zahl der funktionsfähigen weißen Blutzellen vermindert; diese Patienten sind dadurch vermehrt infektanfällig. Bei ausgedehntem Befall des Knochenmarks kann auch die Zahl der roten Blutzellen und/oder Blutplättchen erniedrigt sein. Der Mangel an roten Blutzellen führt zu einer Anämie; der Mangel an Blutplättchen kann sich in einer Neigung zu punktartigen Blutungen (Petechien) äußern.

Daneben können allgemeine Krankheitszeichen wie Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß und Mattigkeit auftreten. Drei der genannten Symptome kommen bei Patienten mit einem Lymphom häufig gemeinsam vor: Fieber (über 38°C) ohne erkennbare Ursache, starkes nächtliches Schwitzen und ein Gewichtsverlust von mehr als 10 % in sechs Monaten. Diese Symptomkombination wird auch als B-Symptomatik, die einzelnen Symptome als B-Symptome bezeichnet.

Die häufigsten Symptome sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst.

Allgemeinsymptome

  • Fieber unklarer Ursache (über 38°C,anhaltend oder wiederholt auftretend) [B-Symptom]
  • Nachtschweiß [B-Symptom]
  • Unerklärbarer Gewichtsverlust (mehr als 10 % in sechs Monaten) [B-Symptom]
  • Müdigkeit, allgemeine Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit, Appetitlosigkeit, Krankheitsgefühl

Spezifische Symptome

  • Schmerzlose, tastbare, miteinander verbackene Lymphknotenschwellungen, zum Beispiel am Kopf, Hals, in den Achselhöhlen oder in der Leiste
  • Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen wie Durchfall oder Verstopfung, Erbrechen und Appetitlosigkeit: durch Befall von Lymphknoten oder anderen Organen im Bauchraum, zum Beispiel Milz und Leber
  • Chronischer Husten, Atembeschwerden: bei Befall von Brustlymphknoten, Thymusdrüse und/oder Lunge und Atemwegen
  • Knochen- oder Gelenkschmerzen: bei Befall der Knochen
  • Kopfschmerzen, Sehstörungen, Nüchternerbrechen, Hirnnervenlähmungen: durch Befall des Zentralnervensystems
  • Erhöhte Infektanfälligkeit: durch die Verminderung funktionsfähiger weißer Blutzellen
  • Hautblässe: durch Mangel an roten Blutzellen (Anämie)
  • Neigung zu punktartigen Blutungen (Petechien): durch Mangel an Blutplättchen

Gut zu wissen: Die Krankheitszeichen eines NHL entwickeln sich meist innerhalb weniger Wochen und können individuell sehr verschieden beziehungsweise unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Allerdings muss das Auftreten eines oder mehrerer dieser Krankheitszeichen nicht unbedingt bedeuten, dass ein NHL vorliegt. Viele dieser Symptome können auch bei vergleichsweise harmlosen Infektionen und Erkrankungen vorkommen, die mit einem Lymphom nichts zu tun haben. Bei Beschwerden ist es jedoch ratsam, so bald wie möglich einen Arzt zu konsultieren, um deren Ursache zu klären.

Diagnose

Findet der (Kinder-)Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese), körperliche Untersuchung und möglicherweise auch durch eine Blut-, Ultraschall- oder Röntgenuntersuchung des Patienten Hinweise auf ein Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf Krebs- und Bluterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist (Klinik für pädiatrische Onkologie/Hämatologie). Denn bei Verdacht auf ein NHL sind umfangreiche Untersuchungen notwendig, zunächst um die Diagnose zu sichern, dann aber auch um festzustellen, um welche Form des NHL es sich genau handelt und wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat.

Gewebeentnahme

Für die Diagnosestellung kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Liegen Körperhöhlenergüsse vor, zum Beispiel Wasser im Bauchraum (Aszites) oder im Brustraum (Pleuraerguss), können die Zellen in diesen Ergüssen untersucht werden; ein chirurgischer Eingriff wird auf diese Weise vermieden. Das Gleiche gilt auch für den Fall, dass das Knochenmark signifikant befallen ist (das heißt, über 20 % Lymphomzellen enthält), dann genügt eine Knochenmarkpunktion. Wenn weder Ergüsse noch ein eindeutiger Knochenmarkbefall vorliegen, erfolgt die Untersuchung eines befallenen Lymphknotens oder eines anderen befallenen Gewebes. Die Gewebeproben werden dabei durch einen chirurgischen Eingriff gewonnen.

Die durch Punktion (Knochenmark, Körperhöhlenergüsse) oder chirurgischen Eingriff erhaltenen Gewebeproben werden mit Hilfe zytologischer, immunhistochemischer, immunologischer und genetischer Methoden untersucht. Die Untersuchungen erlauben eine genaue Aussage darüber, ob und an welcher Form des NHL der Patient erkrankt ist. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine gezielte Therapieplanung, denn die verschiedenen NHL-Typen unterscheiden sich nicht nur auf zellulärer und molekularer Ebene voneinander, sondern zeigen auch deutliche Unterschiede in ihrem Krankheitsverlauf, ihren Heilungsaussichten (Prognose) und ihrer Therapierbarkeit (siehe Abschnitt "Therapieplanung").

Untersuchungen zur Ausbreitung der Erkrankung

Liegt ein NHL vor, so ist es für die Behandlungsplanung auch wichtig zu wissen, wie weit sich die Erkrankung bereits im Körper ausgebreitet hat und welche Organe betroffen sind. Auskunft darüber geben verschiedene bildgebende Verfahren wie Ultraschall- und Röntgenuntersuchung, Magnetresonanztomographie (MRT) und/oder Computertomographie (CT). Zunehmend werden MRT und CT zwecks rascher Ermittlung des Krankheitsbefalls mit einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kombiniert, die lebendes, stoffwechselaktives Lymphomgewebe in aller Regel sehr gut sichtbar macht (so genanntes PET-MRT beziehungsweise PET-CT).

Um herauszufinden, ob auch das Zentralnervensystem von der Erkrankung betroffen ist, wird außerdem aus dem Nervenwasserkanal etwas Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) entnommen und auf Lymphomzellen untersucht (Lumbalpunktion). Zudem erfolgt bei allen Patienten eine Knochenmarkpunktion um festzustellen, ob das Knochenmark befallen ist.

Untersuchungen vor Therapiebeginn

Behandlungsvorbereitend erfolgt ferner eine Überprüfung der Herzfunktion (Elektrokardiographie (EKG) und Echokardiographie). Umfangreiche Laboruntersuchungen dienen dazu, den Allgemeinzustand des Patienten zu überprüfen und festzustellen, ob durch das NHL die Funktionen einzelner Organe (zum Beispiel Nieren und Leber) beeinträchtigt sind oder Stoffwechselstörungen und eventuell Infektionen vorliegen, die vor oder während der Behandlung besonders berücksichtigt werden müssen. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können aufgrund solcher Ausgangsbefunde besser beurteilt werden. Im Hinblick auf eventuell notwendig werdende Bluttransfusionen muss eine Bestimmung der Blutgruppe erfolgen.

Gut zu wissen: Nicht alle Untersuchungen sind bei jedem Patienten notwendig. Andererseits können eventuell Untersuchungen hinzukommen, die hier nicht erwähnt wurden. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt oder das Ihr Behandlungsteam, welche Untersuchungen bei Ihrem Kind geplant sind und warum die jeweilige Untersuchung erforderlich ist.

Die Krebserkrankung eines Kindes ist für die ganze Familie eine belastende Situation. Das Psychosoziale Team der Klinik oder später der Nachsorgeeinrichtung steht Patienten und ihren Angehörigen von der Diagnose bis zum Abschluss der Behandlung sowie während der Nachsorge beratend und unterstützend zur Seite. Zögern Sie nicht, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Es ist fester Bestandteil des Behandlungskonzepts aller kinderonkologischen Zentren im deutschsprachigen Raum. Hier finden Sie umfassende Informationen zum Thema.

Therapieplanung

Nachdem die Diagnose feststeht, erfolgt die Therapieplanung. Um eine möglichst individuelle, auf den Patienten zugeschnittene (risikoadaptierte) Behandlung durchführen zu können, werden bei der Planung bestimmte Faktoren berücksichtigt, die die Prognose des Patienten beeinflussen (so genannte Risiko- oder Prognosefaktoren).

Wichtige Prognosefaktoren und somit auch wichtige Kriterien bei der Behandlung sind:

  • Die Form des Non-Hodgkin-Lymphoms: Sie entscheidet darüber, nach welchem Therapieplan (Therapieprotokoll) der Patient behandelt wird.
  • Die Ausbreitung der Erkrankung (Krankheitsstadium): Sie wird, neben weiteren Faktoren, bei der Wahl der Therapieintensität und -dauer berücksichtigt.

Im Anschluss finden Sie Informationen zur Einteilung der Non-Hodgkin-Lymphome sowie zu den Krankheitsstadien.

Formen des Non-Hodgkin-Lymphoms

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) lassen sich anhand bestimmter Merkmale, die bei der Diagnose bestimmt werden, in verschiedene Unterformen einteilen (Klassifikation). Fachleute nennen diese Einteilung „Klassifikation“ oder „Klassifizierung“. Die internationale WHO-Klassifikation unterscheidet bei Kindern und Jugendlichen vor allem drei Hauptgruppen von NHL:

Die drei NHL-Hauptformen werden zum Teil weiter unterteilt. Darüber hinaus gibt es weitere, seltener auftretende Formen von NHL.

  • Lymphoblastische B- und T-Zell-Lymphome (pB-LBL und T-LBL): Sie gehen von unreifen Vorläuferzellen der B-Lymphozyten und T-Lymphozyten (den Lymphoblasten) aus. Ihr Anteil an den NHL des Kindes- und Jugendalters beträgt in Deutschland etwa 25-30 %.
  • Reife B-Zell-Lymphome und reife B-AL (auch B-ALL): Sie gehen von reifen B-Lymphozyten aus und sind mit etwa 50-60 % die häufigsten NHL bei Kindern und Jugendlichen. Häufigste B-Zell-Lymphome sind das (nicht-afrikanische) Burkitt-Lymphom und die reife B-AL.
  • Reife T-Zell-Lymphome wie die großzellig anaplastischen Lymphome (ALCL): Sie gehen von reifen T-Lymphozyten aus und machen etwa 10-15 % aller NHL aus.

Gut zu wissen: Die verschiedenen NHL-Formen unterscheiden sich, was Krankheitsverlauf und Heilungsaussichten (Prognose) betrifft, zum Teil deutlich voneinander. Aus diesem Grund werden die Patienten, je nach Art der Erkrankung, einer von drei großen Therapiegruppen zugeteilt, die wiederum nach unterschiedlichen Therapieplänen behandelt werden. Die genaue Klassifikation eines NHL ist unbedingte Voraussetzung für die Wahl der richtigen Therapie.

Krankheitsstadien

Das Krankheitsstadium ist von entscheidender Bedeutung für die Behandlung und die Abschätzung der Therapieaussichten. Es wird in erster Linie danach festgelegt, wie weit sich das Non-Hodgkin-Lymphom zum Zeitpunkt der Diagnose im Körper ausgebreitet hat. Entscheidend sind dabei Ort und Anzahl der befallenen Lymphknotenregionen, Organe und Gewebe. Bei manchen NHL-Formen (zum Beispiel den großzellig anaplastischen Lymphomen) wird zusätzlich auch das Auftreten von Allgemeinsymptomen (B-Symptomen) berücksichtigt (siehe auch Abschnitt „Symptome“).

Die am weitesten verbreitete Stadieneinteilung für NHL des Kindesalters war bisher die St. Jude Stadieneinteilung (Stadieneinteilung nach Murphy). Sie wurde 2015 durch das „International Pediatric NHL-Staging System" (IPNHLSS) abgelöst, welches eine Erweiterung und Präzisierung der früheren Einteilung darstellt.

Die IPNHLSS-Klassifikation unterscheidet vier Krankheitsstadien (I-IV): Stadium I entspricht dabei einem einzelnen Tumor innerhalb oder außerhalb eines Lymphknotens (letzteres zum Beispiel in Haut oder Knochen), jedoch nicht im Brust- oder Bauchraum. In den Stadien II und III sind mehr als nur ein Lymphknoten oder ein anderes Gewebe / Organ (auch in Bauch- oder Brustraum) betroffen. Das am weitesten fortgeschrittene Krankheitsstadium (IV) zeichnet sich – abgesehen von den genannten möglichen Tumormanifestationen – zusätzlich durch einen Befall von Zentralnervensystem und/oder Knochenmark aus. In unserem ausführlichen Patiententext finden Sie weitere Informationen zur IPNHLSS-Stadieneinteilung.

*Anmerkung zu Stadium IV: Bei lymphoblastischen Lymphomen mit einem Knochenmarkbefall von 25 % oder mehr wird die Krankheit nicht mehr als NHL, sondern als akute lymphoblastische Leukämie (ALL) definiert. Lymphoblastische Lymphome und ALL sind biologisch verwandte Erkrankungen, die beide von unreifen Vorläufer-T- oder Vorläufer-B-Zellen ausgehen. Bei reifen B-Zell-Lymphomen / Burkitt-Lymphomen mit einem Knochenmarkbefall von 25 % oder mehr spricht man von einer Burkitt-Leukämie. Es handelt sich dabei um ein weiter fortgeschrittenes Stadium der gleichen Erkrankung. Die Patienten werden wie Lymphompatienten behandelt. Es handelt sich NICHT um eine ALL.

Behandlung

Die Behandlung eines Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) muss in einer kinderonkologischen Behandlungseinrichtung erfolgen. Dort ist das hoch qualifizierte Fachpersonal (Ärzte, Fachpflegekräfte) auf die Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher spezialisiert und mit den modernsten Therapieverfahren vertraut. Die Ärzte dieser Klinikabteilungen stehen in fachorientierten Arbeitsgruppen in ständiger, enger Verbindung miteinander und behandeln ihre Patienten nach gemeinsam entwickelten und stetig weiter verbesserten Therapieplänen. Das Ziel der Behandlung ist, eine hohe Heilungsrate bei möglichst geringen Nebenwirkungen und Spätfolgen zu erreichen.

Behandlungsmethoden

Im Mittelpunkt der Behandlung eines Patienten mit NHL steht immer die Chemotherapie. Man versteht darunter eine Behandlung mit zellwachstumshemmenden Medikamenten (Zytostatika). Da ein einzelnes Medikament in der Regel nicht ausreicht, um alle Lymphomzellen zu vernichten, werden Kombinationen verschiedenartig wirkender Zytostatika eingesetzt (Polychemotherapie). Auf diese Weise soll die größtmögliche Wirkung gegen die bösartigen Zellen erzielt werden. Nur sehr selten wird die Chemotherapie noch durch eine Strahlentherapie (zum Beispiel eine Schädel-Bestrahlung) ergänzt.

Da NHL so genannte systemische Erkrankungen sind, die den ganzen Körper betreffen, bietet eine Operation in aller Regel keine geeignete Behandlungsmöglichkeit. Ein chirurgischer Eingriff, etwa zur Entnahme eines befallenen Lymphknotens, dient ausschließlich Diagnosezwecken. Bei kleinen Tumoren kann dieser Eingriff möglicherweise mit einer scheinbar vollständigen Tumorentfernung verbunden sein. Der Patient bedarf dann einer weniger intensiven Chemotherapie; ein vollständiger Verzicht auf eine Zytostatikabehandlung ist jedoch nur sehr selten (zum Beispiel bei NHL mit ausschließlichem Hautbefall) möglich.

In bestimmten Fällen, beispielsweise wenn die Erkrankung auf die Standardtherapie nicht anspricht oder bei Krankheitsrückfällen, ist eine Hochdosis-Chemotherapie notwendig. Die verabreichte Zytostatikadosis ist bei dieser Therapie so hoch, dass auch widerstandsfähige Lymphomzellen im Körper abgetötet werden. Da bei der Hochdosis-Chemotherapie aber auch das blutbildende System im Knochenmark zerstört wird, müssen im Anschluss Stammzellen der Blutbildung übertragen (transplantiert) werden, die das zerstörte Knochenmark wieder aufbauen. In der Regel werden diese Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder Blut eines Spenders (allogene Stammzelltransplantation) oder zuvor beim Patienten selbst (autologe Stammzelltransplantation) gewonnen. Andere Behandlungsarten (wie Antikörpertherapie) werden im Rahmen klinischer Studien getestet.

Die Intensität und Dauer der Chemotherapie, die Notwendigkeit einer Bestrahlung oder einer Stammzelltransplantation sowie die Prognose der Erkrankung richten sich vor allem danach, an welcher Form des NHL der Patient erkrankt ist, wie weit die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten ist (Krankheitsstadium) und wie sie auf die Therapie anspricht (siehe Abschnitt "Therapieplanung").

Behandlungsablauf

Patienten mit einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) werden – abhängig vom NHL-Typ, an dem sie erkrankt sind – nach unterschiedlichen Therapieplänen (Therapieprotokollen) behandelt, die einen bestimmten, auf den jeweiligen NHL-Typ abgestimmten Behandlungsablauf vorsehen. Den verschiedenen Therapieplänen gemein ist, dass die Behandlung (hier vornehmlich die Chemotherapie) aus mehreren Therapieabschnitten (Therapiephasen) besteht, die nicht nur verschieden lange dauern, sondern sich auch hinsichtlich der eingesetzten Medikamentenkombinationen und der Intensität und Zielsetzung der Behandlung unterscheiden. Dabei werden nicht nur die Art des Lymphoms, sondern auch das Ausbreitungsstadium der Erkrankung und gegebenenfalls weitere Faktoren (wie betroffene Körperorgane) berücksichtigt, also die individuelle Krankheitssituation jedes einzelnen Patienten.

Die Zytostatika werden normalerweise als Infusion oder Injektion in eine Vene (intravenös) verabreicht, einige auch in Tablettenform (oral). Sie verteilen sich über die Blutbahn im gesamten Körper und können dadurch Lymphomzellen überall im Körper bekämpfen (systemische Chemotherapie). Ergänzend zur systemischen Behandlung werden Medikamente direkt in das Nervenwasser gespritzt, das Gehirn und Rückenmark umgibt (intrathekale Chemotherapie). Dies ist notwendig, weil die meisten Zytostatika die Barriere zwischen Blutbahn und Hirngewebe (Blut-Hirn-Schranke) nur schlecht durchdringen können.

Im Folgenden werden die Behandlungsabläufe für die drei NHL-Hauptformen vorgestellt. Sie entsprechen den Therapieempfehlungen der Studienzentrale im Rahmen des aktuellen NHL-BFM Registers 2012 (siehe Abschnitt "Therapieoptimierungsstudien und Register"). Bitte beachten Sie, dass die Behandlung im Rahmen von Studien von der hier dargestellten Standardtherapie abweichen kann. Die Studien stellen in der Kinderonkologie allerdings den aktuellen Therapiestandard dar.

Lymphoblastische Non-Hodgkin-Lymphome (LBL)

Für Patienten mit einem lymphoblastischen Lymphom hat sich eine mehrphasige Behandlungsstrategie (ähnlich der Therapiestrategie für die akute lymphoblastische Leukämie) als erfolgreich erwiesen. Die Gesamtdauer der Therapie beträgt zwei Jahre, vorausgesetzt, es tritt im Laufe oder nach Abschluss der Therapie kein Rückfall auf.

Wichtige Therapieelemente sind:

  1. die Vorphase: Die zytoreduktive Vorphase ist Teil der Induktionstherapie. Sie dient der Einleitung der Behandlung und besteht aus einer kurzen, circa einwöchigen Chemotherapie mit ein bis zwei Medikamenten, die intravenös oder in Tablettenform verabreicht werden. Um auch Lymphomzellen im Zentralnervensystem zu erreichen, wird ein Medikament direkt in den Nervenwasserkanal gespritzt (intrathekale Chemotherapie, siehe Abschnitt ZNS-Therapie). Der Zweck dieser Vorphase-Behandlung besteht darin, die Lymphomzellen schrittweise und damit für den Organismus schonend zu reduzieren, um Komplikationen (wie beispielsweise das Zellzerfalls- oder Tumorlyse-Syndrom) zu vermeiden.
  2. die Induktionstherapie (Protokoll I): Die eigentliche Induktionstherapie besteht aus einer intensiven Chemotherapie, in der mehrere Medikamente zum Einsatz kommen. Sie zielt in einer ersten, etwa vierwöchigen Therapiephase (Protokoll Ia) darauf ab, die Mehrzahl der Lymphomzellen zu vernichten, das heißt, eine Remission zu erreichen. Die zweite Phase der Induktion (Protokoll Ib) soll mit einer anderen Medikamentenkombination die noch verbliebenen Lymphomzellen im Körper zerstören und so das Risiko eines Krankheitsrückfalls minimieren. Auch diese Phase dauert etwa vier Wochen. Sie wird (analog zur ALL) auch als Konsolidierungstherapie bezeichnet.
  3. Protokoll M: Nach Abschluss der Induktionstherapie erfolgt eine Therapiephase, die zur Extrakompartment-Therapie gehört (siehe unten). Sie soll vor allem das Zentralnervensystem und die Hoden erreichen und dauert circa zwei Monate. Im Anschluss daran werden die Patienten, je nach Stadium ihrer Erkrankung, verschiedenen Therapiezweigen zugeordnet (Dauertherapie oder vorab, zwischengeschaltet, Re-Induktionstherapie, siehe im Anschluss).
  4. die Re-Induktionstherapie (Protokoll IIa/b): Die Re-Induktionstherapie erfolgt nur bei Patienten mit fortgeschrittenen Krankheitsstadien (Stadium III oder IV), die allerdings die große Mehrheit der LBL-Patienten bilden. (Patienten mit geringem Rückfallrisiko erhalten sofort eine Dauertherapie, siehe unten). Die Re-Induktionstherapie ist ähnlich intensiv wie die Induktionstherapie, das heißt, es werden Zytostatika-Kombinationen in hoher Dosierung verabreicht. Sie dauert circa sieben Wochen und soll die vollständige Zerstörung aller Lymphomzellen sichern.
  5. die ZNS-Therapie (Extrakompartment-Therapie): Ein wichtiger Bestandteil der gesamten intensiven Therapiephase (Vortherapie, Induktionstherapie, Re-Induktionsphase) und des Protokolls M ist die vorbeugende (prophylaktische) oder therapeutische Behandlung des Zentralnervensystems (ZNS). Sie soll verhindern, dass sich Lymphomzellen im Gehirn oder Rückenmark ansiedeln oder weiter ausbreiten. Die ZNS-Therapie erfolgt in erster Linie in Form mehrerer Zytostatikagaben in den Nervenwasserkanal (intrathekale Chemotherapie), wobei besonders gut ZNS-gängige Medikamente eingesetzt werden. Wenn das Zentralnervensystem nachweislich befallen ist, erfolgt im Anschluss an die Intensivtherapie zusätzlich eine Strahlentherapie des Kopfes (Schädelbestrahlung). Die Dauer der Strahlentherapie beläuft sich auf circa zwei bis drei Wochen, je nachdem, welche Gesamtstrahlendosis der Patient erhalten soll. Kinder unter einem Jahr werden nicht bestrahlt.
  6. die Dauertherapie: Diese letzte Behandlungsphase ist darauf ausgerichtet, durch eine möglichst lange Therapiedauer all jene Lymphomzellen zu vernichten, die trotz der intensiven Behandlung überlebt haben. Sie besteht aus einer milderen Chemotherapie (in Tablettenform) und erfolgt vorwiegend ambulant; das heißt, der Patient kann während dieser Therapiephase wieder zu Hause sein und in der Regel auch den Kindergarten- oder Schulbesuch fortsetzen. Die Dauertherapie wird so lange durchgeführt, bis eine Gesamt-Therapiedauer von zwei Jahren erreicht ist.

Zu den eingesetzten Zytostatika gehören zum Beispiel Prednison (PRED), Vincristin (VCR), Daunorubicin (DNR), E.-coli-Asparaginase (ASP), Cyclophosphamid (CPM), Cytarabin (ARA-C), 6-Thioguanin (6-GT), Methotrexat (MTX), 6-Mercaptopurin (6-MP), Dexamethason (DEXA). Genaueres dazu erhalten Sie in unserer ausführlichen Patienteninformation hier.

Hinweis zur Studie LBL 2018: Im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie LBL 2018 wird aktuell überprüft, ob durch ein anderes Therapiekonzept während der Induktion (Protokoll Ia) das Auftreten von Rückfällen mit Beteiligung des Zentralnervensystems gesenkt werden kann. Für Hochrisikopatienten soll die Studie darüber hinaus zeigen, ob eine intensivierte Behandlung anstelle der Standardtherapie gemäß Protokoll Ib und M das rückfallfreie (ereignisfreie) Überleben der Patienten verbessern kann (siehe auch Abschnitt „Therapieoptimierungsstudien und Register“).

Reife B-Zell Non-Hodgkin-Lymphome (B-NHL) und akute B-Zell-Leukämie (B-AL)

Die Intensität der Behandlung eines Patienten mit reifem B-NHL oder reifer B-AL hängt in erster Linie davon ab, welches Krankheitsstadium vorliegt und wie viele Lymphomzellen insgesamt (Tumormasse) sich im Körper befinden. Die Tumormasse lässt sich anhand der Menge eines bestimmten Stoffwechsel-Enzyms im Blut (der Lactatdehydrogenase, kurz LDH) gut abschätzen. Außerdem wird berücksichtigt, ob ein vorhandener Tumor durch eine Operation zu Diagnosezwecken vollständig entfernt wurde.
Die Gesamtdauer der Therapie beträgt in der Regel zwischen sechs Wochen und sechs Monaten, vorausgesetzt, es tritt im Laufe oder nach Abschluss der Therapie kein Rückfall auf.

Wichtige Therapieelemente sind:

  1. die Vorphase (zytoreduktive Vorphase): Es handelt sich um eine kurze (fünftägige) Chemotherapiephase mit zwei Medikamenten, die intravenös und in Tablettenform verabreicht werden. Um auch Lymphomzellen im Zentralnervensystem zu erreichen, erfolgen zudem ein bis zwei Medikamentengaben direkt in den Nervenwasserkanal (intrathekal). Das Ziel der Vorphase-Behandlung ist, die Lymphomzellen auf eine schrittweise und damit für den Organismus möglichst schonende Weise zu reduzieren, um ein Tumorlyse-Syndrom zu vermeiden.
  2. die Intensivtherapie: Sie besteht aus zwei bis sechs intensiven Chemotherapiekursen, die jeweils fünf bis sechs Tage dauern und in Abständen von etwa drei Wochen aufeinanderfolgen. Zum Einsatz kommen mehrere Medikamente, die sowohl intravenös als auch oral (zum Beispiel in Tablettenform) und intrathekal verabreicht werden. Ziel ist, mit jedem Therapiekurs möglichst viele Lymphomzellen zu vernichten. Bei Patienten mit einem vollständig entfernten Tumor reichen zwei Therapieblöcke aus, bei allen anderen Patienten sind mindestens vier Blöcke zusätzlich zur Vorphase vorgesehen. Patienten mit einem nachgewiesenen Befall des Zentralnervensystems erhalten eine intensivierte intrathekale Chemotherapie.

Zu den eingesetzten Zytostatika gehören zum Beispiel Dexamethason (DEXA), Cyclophosphamid (CPM), Methotrexat (MTX), Cytarabin (ARA-C), Ifosfamid (IFO), Etoposid (VP-16), Doxorubicin (DOX), Vincristin (VCR) und Vindesin (VDS) und Prednison (PRED). Genaueres dazu erhalten Sie in unserer ausführlichen Patienteninformation hier.

Hinweis zur Studie B-NHL 2013: Im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie B-NHL 2013 wird aktuell überprüft, ob die bisher etablierte Kombinationschemotherapie durch zusätzliche Verabreichung des Antikörpers Rituximab weiter verbessert werden kann (siehe Abschnitt „Therapieoptimierungsstudien und Register“). Rituximab ist ein synthetisch hergestellter (rekombinanter) Antikörper [siehe monoklonale Antikörper], der spezifisch an eine Oberflächenstruktur der B-Lymphozyten (das so genannte CD20-Antigen) andockt und dadurch zu deren Zerstörung führt.

Großzellig anaplastische Lymphome (ALCL)

Die Art der Behandlung im Falle eines ALCL hängt davon ab, welcher Therapiegruppe der Patient zugeordnet wird. Dabei spielt unter anderem eine Rolle, welche Organe und Gewebe befallen sind. Auch eine eventuelle vollständige Entfernung des Lymphoms durch die diagnostische Operation wird berücksichtigt, dies betrifft allerdings nur einen geringen Teil der Patienten. Patienten mit ausschließlichem Hautbefall (selten) erhalten zunächst keine Chemotherapie. Die Gesamtdauer der Therapie beträgt in der Regel zwischen zehn Wochen (im Krankheitsstadium I mit vorheriger vollständiger Tumorentfernung) und fünf Monaten (bei Standard- und Hochrisikopatienten). Dies gilt allerdings nur dann, wenn im Laufe oder nach Abschluss der Therapie kein Rückfall auftritt.

Wichtige Therapieelemente sind:

  1. die Vorphase (zytoreduktive Vorphase): Sie dient der Einleitung der Behandlung und besteht aus einer kurzen (fünftägigen) Chemotherapie mit zwei Medikamenten, die intravenös und in Tablettenform verabreicht werden. Um auch Lymhomzellen im Zentralnervensystem zu erreichen, erfolgt zudem eine Medikamentengabe direkt in den Nervenwasserkanal (intrathekal). Der Zweck der Vorphase-Behandlung besteht darin, die Lymphomzellen schrittweise und damit für den Organismus schonend zu reduzieren, um ein Tumorlyse-Syndrom zu vermeiden.
  2. die Intensivtherapie: Sie besteht aus drei oder sechs intensiven, fünftägigen Chemotherapiekursen, die in kurzen Abständen wiederholt werden. Patienten im Krankheitsstadium I erhalten, wenn eine vollständige Entfernung des Tumorgewebes möglich war, drei Therapiezyklen. In allen anderen Krankheitsstadien werden sechs Chemotherapiezyklen verabreicht. Pro Zyklus kommen jeweils mehrere Medikamente zum Einsatz. Sie werden systemisch, das heißt über eine Vene, oder als Tabletten verabreicht. Ziel ist, mit jedem Therapiekurs möglichst viele Lymphomzellen zu vernichten. Bei Befall des Zentralnervensystems (sehr selten) erfolgt gegebenenfalls auch eine Bestrahlung des Schädels.

Zu den eingesetzten Zytostatika gehören zum Beispiel Dexamethason (DEXA), Cyclophosphamid (CPM), Methotrexat (MTX), Cytarabin (ARA-C), Prednison (PRED), Ifosfamid (IFO), Etoposid (VP-16), Doxorubicin (DOX) und zum Teil auch Vindesin (VDS). Genaueres dazu erhalten Sie in unserer ausführlichen Patienteninformation hier.

Hinweis zur Studie ALCL-VBL: Im Rahmen der aktuellen Therapieoptimierungsstudie ALCL-VBL LBL 2018 wird bei Patienten mit Standardrisiko-ALCL (das heißt, im Krankheitsstadium I-III) überprüft, ob mit einer ambulanten Vinblastin-Therapie genauso gute Ergebnisse erzielt werden können wie mit der derzeitigen Polychemotherapie. Voraussetzung für eine solche Behandlung ist, dass auf submikroskopischer Ebene (mittels sensitiver Diagnoseverfahren) keine Lymphomzellen im Blut nachweisbar sind, also keine `minimal disseminierte Erkrankung´ vorliegt. Dies betrifft circa 40% der Patienten (siehe auch Abschnitt „Therapieoptimierungsstudien und Register“).

Therapieoptimierungsstudien und Register

Fast alle Kinder und Jugendliche mit einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) werden in Deutschland im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien oder Registern behandelt. Therapieoptimierungsstudien sind kontrollierte klinische Studien, die das Ziel haben, erkrankte Patienten nach dem jeweils aktuellsten Wissensstand zu be-handeln und gleichzeitig die Therapiemöglichkeiten zu verbessern und weiter zu entwickeln.

Patienten, die an keiner Studie teilnehmen, entweder weil zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung keine Studie verfügbar ist oder weil sie die Einschlusskriterien einer bestehenden Studie nicht erfüllen, werden oft in einem so genannten Register dokumentiert. Die Behandlung erfolgt generell nach den Therapieempfehlungen der Studienzentrale. Auf diese Weise erhält der Patient die zu diesem Zeitpunkt verfügbare optimale Therapie.

Zurzeit gibt es in Deutschland (mit internationaler Beteiligung) die im Folgenden aufgeführten Therapieoptimierungsstudien und Register zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit NHL:

  • NHL-BFM Registry 2012: Internationales Register der BFM-Studiengruppe für alle Kinder und Jugendlichen mit einem neu diagnostizierten NHL, egal welcher Art. (BFM steht für die die Städte Berlin, Frankfurt und Münster, deren Kliniken zuerst nach diesen Therapieplänen behandelt haben.) Das Register wurde Mitte 2012 nach Beendigung mehrerer Therapiestudien/Register mit dem Ziel eröffnet, die optimale Behandlung von NHL-Patienten auch in den Phasen ohne klinische Studien sicherzustellen. Im Rahmen des Registers werden keine neuen Therapien eingeführt; vielmehr wird die jeweils beste derzeit verfügbare Therapie aus den Erfahrungen der Vorgängerstudien und der Literatur empfohlen, sofern die Patienten nicht in eine der offenen Studien eingeschlossen werden. Hinweis: Die Patientenaufnahme in das Register ist seit 20.04.2023 vorübergehend ausgesetzt.
  • Studie B-NHL 2013: Internationale Therapieoptimierungsstudie für Patienten (unter 18 Jahren) mit einem reifen B-Zell-Lymphom oder einer reifen B-Zell-Leukämie (B-NHL/B-AL). Die seit August 2017 eröffnete Studie wird von der NHL-BFM-Studiengruppe und der skandinavischen Studiengruppe (NOPHO) durchgeführt; zahlreiche Kinderkliniken und pädiatrisch-onkologische Behandlungseinrichtungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und der Tschechischen Republik sowie in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden sind daran beteiligt. Das Ziel der Studie ist eine Verbesserung des rückfallfreien (ereignisfreien) Überlebens der Patienten in hohen Risikogruppen bei möglichst rascher Erholung des Immunsystems nach Abschluss der Therapie. Für Kinder mit sehr begrenzter Erkrankung (Risikogruppen R1 und R2, Stadium I-II) wird geprüft, ob die Chemotherapie mit Anthrazyklinen durch eine Gabe des Anti-CD20-Antikörpers Rituximab ersetzt werden kann (siehe Kapitel „Behandlungsablauf – reife B-NHL / B-ALL“).
  • Studie LBL 2018: Internationale Therapieoptimierungsstudie der NHL-BFM-Studiengruppe für Patienten (unter 18 Jahren) mit einem neu diagnostizierten lymphoblastischen Lymphom (LBL). Die Studie ist seit September 2019 geöffnet, zahlreiche Behandlungseinrichtungen in Deutschland sowie im europäischen und außereuropäischen Ausland sind daran beteiligt. Das Ziel der Studie ist unter anderem die Senkung des Rückfallrisikos (bei Hochrisiko-Patienten zum Beispiel durch eine Therapieintensivierung) und eine Verbesserung der ereignisfreien Überlebenswahrscheinlichkeit bei Kindern und Jugendlichen mit lymphoblastischem Lymphom (siehe Kapitel „Behandlungsablauf – LBL“).
  • Studie ALCL-VBL: Internationale Therapieoptimierungsstudie für Patienten (unter 18 Jahren) mit einem neu diagnostizierten großzellig anaplastischen Lymphom (ALCL). Zugelassen sind Patienten mit Standardrisiko-ALCL (ALCL im Stadium I-III) ohne Vorliegen einer `minimal disseminierten Erkrankung´ (siehe auch Kapitel „Behandlungsablauf – ALCL“). Die Studie ist seit 2021 in Deutschland geöffnet und startet derzeit in allen europäischen sowie auch in außereuropäischen Ländern. Das Ziel der Studie ist es zu prüfen, ob diese Kinder durch eine ambulante Therapie mit Vinblastin genauso gut geheilt werden können wie mit der Polychemotherapie.

Das oben genannte Register steht unter der Leitung von Prof. Dr. med. Birgit Burkhardt (Universitätsklinikum Münster) und Prof. Dr. med. Wilhelm Wößmann (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf). Die Studien LBL 2018 und B-NHL 2013 werden von Prof. Dr. med. Birgit Burkhardt (Münster), die ALCL-VB-Studie von Prof. Dr. med. Wilhelm Wößmann (Hamburg) geleitet.

Prognose

Die Heilungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Ersterkrankung eines Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) haben sich dank der großen Therapiefortschritte in den letzten vier Jahrzehnten deutlich verbessert. Die heute eingesetzten modernen Untersuchungsmethoden und intensiven, standardisierten Kombinationschemotherapien führen dazu, dass der Großteil der an einer NHL erkrankten Kinder und Jugendlichen langfristig von der Krankheit geheilt werden können (das 5- bis 10-Jahres-Überleben beträgt etwa 90 %).

Die Prognose für den einzelnen Patienten hängt in erster Linie davon ab, an welcher Form des NHL der Patient erkrankt und wie weit die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten ist (Krankheitsstadium):

Patienten mit einem NHL im Stadium I (das heißt mit einem einzelnen Tumor) haben eine sehr gute Prognose (mit bis zu 100 % Heilungswahrscheinlichkeit). Gut ist die Prognose auch bei einem Krankheitsstadium II. Patienten mit ausgedehnten Tumoren in Brust- und/oder Bauchraum (Stadium III) oder Patienten, deren Knochenmark und/oder Zentralnervensystem befallen ist (Stadium IV), bedürfen einer intensivierten Behandlung, erreichen damit aber ebenfalls gute Heilungsraten.

Etwa 10-15 % der Kinder und Jugendlichen mit einem NHL erleiden einen Krankheitsrückfall (Rezidiv). Die Heilungsaussichten sind bei einem Rezidiv generell ungünstig, auch wenn bei manchen Patienten (zum Beispiel bei Patienten mit großzellig anaplastischen Lymphomen oder diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen) durchaus noch akzeptable Behandlungserfolge erzielt werden können. Im Rahmen der Therapieoptimierungsstudien sollen die Heilungsaussichten auch für Patienten mit bislang ungünstiger Prognose weiter verbessert werden.

Anmerkung: Bei den oben genannten Heilungsraten für Patienten mit NHL handelt es sich um statistische Größen. Sie stellen nur für die Gesamtheit der an NHL erkrankten Patienten eine wichtige und zutreffende Aussage dar. Ob der einzelne Patient geheilt werden kann oder nicht, lässt sich aus der Statistik nicht vorhersagen. Ein NHL kann selbst unter günstigsten beziehungsweise ungünstigsten Voraussetzungen ganz unerwartet verlaufen.

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