Unterformen (Subtypen) der AML

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 02.03.2021 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e57005

Die akute myeloische Leukämie (AML) lässt sich anhand bestimmter Merkmale, die bei der Diagnose bestimmt werden, in mehrere Unterformen (Subtypen) einteilen. Fachleute sprechen auch von Klassifikation oder Klassifizierung. Nach der aktuellen WHO-Klassifikation 2016 werden sowohl zytomorphologische und immunologische als auch zytogenetische und molekulargenetische Eigenschaften der Leukämiezellen berücksichtigt [ARB2016] [CRE2018] [CRE2019].

Zytomorphologische Einteilung der AML (FAB-Klassifikation)

Aufgrund mikroskopisch sichtbarer (zytomorphologischer) und immunologischer Merkmale wurde die akute myeloische Leukämie lange Zeit – nach der so genannten French-American-British-Klassifikation (abgekürzt FAB-Klassifikation) – in acht verschiedene AML-Subtypen eingeteilt [BEN1985b] (siehe Tabelle im Anschluss). Diese morphologische Einteilung wird nach wie vor ergänzend zu zytogenetisch- und molekulargenetisch-basierten Klassifikationen berücksichtigt [CRE2018].

AML-Subtypen nach FAB-Klassifikation
FAB-Klassifikation
AML-Unterform (-Subtyp)
FAB M0
Akute myeloische Leukämie (Myeloblastenleukämie) mit minimaler Differenzierung
FAB M1
Akute myeloische Leukämie (Myeloblastenleukämie) ohne Ausreifung
FAB M2
Akute myeloische Leukämie (Myeloblastenleukämie) mit Ausreifung
FAB M3
Akute Promyelozytenleukämie (APL) mit starker Granulation
FAB M3v
APL-Variante (mikrogranulär (APLv)
FAB M4
Akute myelomonozytäre Leukämie
FAB M4Eo
Akute myelomonoblastäre Leukämie mit eosinophilen Granulozyten
FAB M5
Akute monozytäre Leukämie (Monoblastenleukämie)
FAB M6
Akute Erythro-Leukämie (Erythroblastenleukämie)
FAB M7
Akute megakaryozytäre Leukämie (Megakaryoblastenleukämie)

Die Leukämiezellen der verschiedenen AML-Subtypen sind gegenüber Chemotherapie unterschiedlich empfindlich. Eine relativ günstige Prognose haben Patienten mit den AML-Subtypen FAB M1 und M2, besonders wenn gleichzeitig eine bestimmte genetische Veränderung, die Translokation t(8;21), vorliegt (siehe unten). Auch bei den AML-Subtypen FAB M3 mit der Translokation t(15;17) und FAB M4eo mit der Inversion 16 sind die Heilungsaussichten günstig. Die Prognose der anderen Subtypen ist weniger günstig [MAN2009].

Bei der akuten Promyelozytenleukämie (FAB M3) ist heutzutage die Therapie vom Zeitpunkt der Diagnose an deutlich anders als bei allen anderen AML-Formen. Sie erfolgt überwiegend ohne Chemotherapie und stattdessen mit einer Behandlung, die zur Reifung (Differenzierung) der Leukämiezellen führt (siehe Therapie APL im Kapitel „Ablauf der Chemotherapie“).

Einteilung der AML nach genetischen Merkmalen

Heute lassen sich bei den akuten myeloischen Leukämien mit Hilfe zytogenetischer und molekulargenetischer Untersuchungen verschiedene Veränderungen im Erbgut feststellen, die eine Einteilung der AML in zahlreiche Subtypen ermöglicht [ARB2016] [CRE2018] [CRE2019]. Einige der oben genannten FAB-Subtypen können durch die genetischen Untersuchungen weiter unterteilt werden.

Zu den Veränderungen, die bei einer AML vorkommen, zählt besonders häufig ein Austausch von Genabschnitten zwischen zwei Chromosomen, eine so genannte Translokation, die in der Regel mit der Entstehung eines neuen Gens (so genanntes Fusionsgen) verbunden ist. Das veränderte Gen sorgt dafür, dass ein ebenfalls verändertes Eiweiß gebildet wird, welches wiederum die betroffene Zelle zur unkontrollierten Vermehrung veranlasst. Bei manchen Patienten mit AML (10-15 %) findet man zum Beispiel eine Translokation zwischen den Chromosomen 8 und 21 [abgekürzt: t(8;21)] mit dem dazugehörigen Fusionsgen RUNX1-RUNX1T1. Ebenfalls häufig ist die Translokation t(15;17).

Chromosomen können auch in einer insgesamt erhöhten oder verringerten Zahl (mehr oder weniger als 46 Chromosomen) in der Zelle vorliegen (so genannte Hyperdiploidie beziehungsweise Hypodiploidie). Beispiele hierfür sind die so genannte Trisomie 8 bei 5-10 % der AML-Patienten (Chromosom 8 kommt dreimal statt zweimal pro Zelle vor) oder auch der teilweise oder komplette Verlust von Chromosom 7 (Monosomie 7 beziehungsweise Deletion von Chromosom 7) bei circa 2-7 % der AML-Patienten im Kindesalter. Bei AML-Patienten mit Down-Syndrom liegt eine Trisomie 21 vor. [CRE2018] [CRE2019] [LIO2004] [MAN2009]

Die verschiedenen Chromosomenveränderungen sind mit unterschiedlichen Prognosen für den Patienten verbunden:

  • Günstige Prognose: Die häufigste Translokation t(8;21) – sie tritt besonders häufig beim AML-Subtyp FAB M2 auf – wirkt sich beispielsweise relativ günstig auf die Prognose aus. Das gleiche gilt für die Inversion 16 und die Translokationen t(16;16) und t(1;11) beim AML-Subtyp FAB M4eo sowie die Translokation t(15;17) beim Subtyp FAB M3 (akute Promyelozytenleukämie). Auch die bei AML und Down-Syndrom vorkommende GATA1s-Mutation weist auf eine gute Prognose hin.
  • Ungünstige Prognose: Prognostisch ungünstige Chromosomenveränderungen sind bei einer AML insgesamt selten. Beispiele hierfür sind die Monosomie 7 und verschiedene seltene Translokationen oder andere genetische Veränderungen [CRE2019] [CRE2018] [MAN2009] [NEU2010] [RAS2017] [REI2012a] (siehe auch Kapitel „Prognosefaktoren“ im Anschluss).