Hodgkin-Lymphom – Kurzinformation

Das Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin) ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. In diesem Text erhalten Sie die wichtigsten Informationen zu Krankheitsbild und Krankheitsformen sowie zu Häufigkeit, möglichen Ursachen, Symptomen, Diagnose, Behandlung und Prognose der Erkrankung.

Autor:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Prof. Dr. med. Christine Mauz-Körholz, Zuletzt geändert: 25.01.2024 https://dx.doi.org/10.1591/poh.patinfo.mh.kurz.20101216

Krankheitsbild

Das Hodgkin-Lymphom, auch Morbus Hodgkin, Hodgkin’sche Erkrankung, Lymphdrüsenkrebs oder Lymphogranulomatose genannt, ist eine bösartige (maligne) Erkrankung des lymphatischen Systems [lymphatisches System]. Die Krankheit gehört zu den malignen Lymphomen.

Der Begriff „malignes Lymphom“ bedeutet wörtlich übersetzt „bösartige Lymphknotengeschwulst“. In der medizinischen Fachsprache ist damit eine große Gruppe von Krebserkrankungen gemeint, die von Zellen des lymphatischen Systems (Lymphozyten) ausgehen und als ein Hauptmerkmal Lymphknotenschwellungen (Lymphome) hervorrufen können.

Maligne Lymphome werden in zwei große Gruppen unterteilt: das Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin), benannt nach dem Arzt und Pathologen Dr. Thomas Hodgkin, und die Non-Hodgkin-Lymphome (NHL). Eine Unterscheidung dieser beiden Krankheitsformen ist nur durch die Untersuchung von befallenem Gewebe möglich.

Der Morbus Hodgkin entsteht durch eine bösartige Veränderung (Entartung) der B-Lymphozyten, einer Gruppe weißer Blutkörperchen (Blutzellen), die sich vor allem in den lymphatischen Geweben aufhalten. Ein Hodgkin-Lymphom kann daher überall dort im Körper entstehen, wo sich lymphatisches Gewebe befindet. Am häufigsten sind die Lymphknoten betroffen, aber auch andere Organe wie Leber, Knochenmark, Lunge oder Milz können, vor allem in fortgeschrittenen Krankheitsstadien, befallen sein. Unbehandelt verläuft das Hodgkin-Lymphom tödlich.

Häufigkeit

Das Hodgkin-Lymphom ist die häufigste Lymphom-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. In Deutschland erkranken nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters (Mainz) pro Jahr etwa 160 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren neu an einem Hodgkin-Lymphom. Damit macht das Hodgkin-Lymphom in dieser Altersgruppe etwa 7,5 % der bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus.

Säuglinge und Kleinkinder (bis zum dritten Lebensjahr) sind von einem Hodgkin-Lymphom selten betroffen; mit zunehmendem Alter wird die Krankheit allmählich häufiger. In der Altersgruppe zwischen 15 und 20 Jahren zählen diese Lymphome zu den häufigsten Tumoren. Der Häufigkeitsgipfel im Kindes- und Jugendalter (Altersspanne 0 bis 17) liegt bei 15 Jahren. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen (Geschlechterverhältnis 1.2:1).

Ursachen

Die Ursachen für die Entwicklung eines Hodgkin-Lymphoms sind bisher nicht geklärt. Zwar weiß man, dass die Krankheit durch bösartige Veränderung von Zellen des lymphatischen Systems entsteht und dass diese Entartung mit Veränderungen im Erbgut der Zelle einhergeht. Warum genetische Veränderungen auftreten und warum sie bei manchen Kindern zur Erkrankung führen, bei anderen nicht, ist unbekannt. Nach heutigem Wissen müssen verschiedene Faktoren zusammenwirken, bevor ein Hodgkin-Lymphom entsteht.

Da die meisten Erkrankungsfälle innerhalb der weißen Bevölkerung auftreten, scheinen ethnologische und genetische Ursachen eine Rolle zu spielen. Bekannt ist auch, dass Kinder mit bestimmten angeborenen Erkrankungen des Immunsystems (zum Beispiel Wiskott-Aldrich-Syndrom, Louis-Bar-Syndrom) oder einem erworbenen Immundefekt (beispielsweise durch eine HIV-Infektion) ein erhöhtes Risiko haben, an einem Morbus Hodgkin zu erkranken. Erbliche Vorerkrankungen, die die Entwicklung eines Hodgkin-Lymphoms oder anderer Krebserkrankungen begünstigen, werden auch als Krebsprädispositionssyndrome bezeichnet.

Darüber hinaus scheint bei manchen Patienten eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EPS), dem Erreger des Pfeiffer-Drüsenfiebers, bei der Krankheitsentstehung von Bedeutung zu sein. Ob bestimmte Umweltgifte (zum Beispiel Pestizide) einen Einfluss auf die Entstehung eines Hodgkin-Lymphoms haben, ist Gegenstand von Untersuchungen. Bei den meisten Patienten sind allerdings keine krankheitsbegünstigenden Faktoren bekannt.

Symptome

Morbus Hodgkin beginnt schleichend. Erstes Krankheitszeichen (Symptom) sind meist ein oder mehrere vergrößerte Lymphknoten, die sehr langsam wachsen und in der Regel keine Schmerzen verursachen. Vergrößerte Lymphknoten können im Hals- und Nackenbereich (häufigster Sitz), in den Achselhöhlen, in der Schlüsselbeingrube (über dem tastbaren Schlüsselbein), in den Leisten oder an mehreren Stellen gleichzeitig festgestellt werden.

Die Krankheit kann auch in Lymphknotenregionen beginnen, die von außen nicht sichtbar oder tastbar sind, zum Beispiel hinter dem Brustbein oder im Bauch- und/oder Beckenraum, dort beispielsweise entlang der Wirbelsäule. Sind Lymphknoten im Brustraum betroffen, zum Beispiel im so genannten Mediastinum, dem Raum zwischen den beiden Lungenflügeln, kann es durch den zunehmenden Druck auf die dort liegenden Organe (Lunge, Luftröhre) zu Reizhusten oder Atemnot kommen.

Befallene Lymphknoten im Ober- oder Unterbauch können Schmerzen, Druckgefühl oder Durchfälle verursachen. Seltener sind Milz und Leber durch den Befall mit Lymphomzellen vergrößert (Splenomegalie bzw. Hepatomegalie). Wenn das Knochenmark befallen ist, kann auch die Zahl der roten Blutzellen erniedrigt sein, was zu einer Anämie führen kann. Dies kommt jedoch nur sehr selten vor. Ein Skelettbefall kann Knochenschmerzen hervorrufen.

Daneben können allgemeine (unspezifische) Krankheitssymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Mattigkeit und Juckreiz auftreten. Die drei erstgenannten Symptome kommen bei Patienten mit einem Hodgkin-Lymphom häufig gemeinsam vor und werden als B-Symptome bezeichnet.

Die häufigsten Symptome sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst.

Allgemeinsymptome

  • Fieber unklarer Ursache (über 38°C, anhaltend oder wiederholt auftretend) [B-Symptom]
  • starker Nachtschweiß [B-Symptom]
  • unerklärbarer Gewichtsverlust (mehr als 10 % innerhalb von sechs Monaten) [B-Symptom]
  • Müdigkeit, allgemeine Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit, Appetitlosigkeit, Krankheitsgefühl, Schmerzen
  • Starker Juckreiz am ganzen Körper

Spezifische Symptome

  • Bei über 90 Prozent der Patienten: schmerzlose, tastbare, oberflächliche Lymphknotenschwellungen, zum Beispiel im Hals- und Nackenbereich, in den Achselhöhlen, in der Schlüsselbeingrube, in den Leisten oder an mehreren Stellen gleichzeitig
  • Chronischer Husten, Atembeschwerden: bei Befall von Brustlymphknoten, Lunge oder Rippenfell
  • Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Druckgefühl oder Durchfall: bei Befall von Lymphknoten oder anderen Organen im Bauchraum, zum Beispiel Milz und Leber
  • Hautblässe durch Mangel an roten Blutzellen (Anämie): bei Befall des Knochenmarks
  • Knochen- oder Gelenkschmerzen: bei Befall der Knochen

Die Krankheitszeichen eines Morbus Hodgkin entwickeln sich meist relativ langsam, das heißt im Laufe von Wochen oder Monaten. Sie können individuell sehr verschieden beziehungsweise unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Gut zu wissen: Das Auftreten eines oder mehrerer dieser Krankheitszeichen muss nicht bedeuten, dass ein Hodgkin-Lymphom vorliegt. Viele dieser Symptome können auch bei vergleichsweise harmlosen Infektionen und Erkrankungen auftreten, die mit einem Hodgkin-Lymphom nichts zu tun haben. Vor allem bei Kindern beruhen Lymphknotenschwellungen meist auf Infekten, insbesondere mit Viren. Bei Beschwerden (zum Beispiel anhaltendem Husten) ist es jedoch ratsam, so bald wie möglich einen Arzt zu konsultieren, um deren Ursache zu klären.

Diagnose

Findet der (Kinder-) Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung, möglicherweise auch durch eine Blut-, Ultraschall- und/oder Röntgenuntersuchung Hinweise auf ein Hodgkin-Lymphom, wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf Krebs- und Bluterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist (Klinik für pädiatrische Onkologie/Hämatologie). Denn bei Verdacht auf Morbus Hodgkin sind umfangreiche Untersuchungen notwendig, zunächst um die Diagnose zu sichern, dann aber auch um festzustellen, um welche Form des Hodgkin-Lymphoms es sich handelt und wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat (so genannte „Staging“-Untersuchungen).

Gewebeentnahme

Die Diagnosestellung erfolgt in erster Linie durch die Entnahme und Untersuchung eines befallenen Lymphknotens oder eines anderen befallenen Gewebes (Biopsie). Die feingewebliche (histologische), immunhistochemische und, wenn möglich, molekulargenetische Untersuchung der Gewebeproben erlaubt eine genaue Aussage darüber, ob und, wenn ja, an welcher Form des Hodgkin-Lymphoms der Patient erkrankt ist. Die Kenntnis des Hodgkin-Typs kann bei der Behandlungsplanung eine Rolle spielen.

Untersuchungen zur Ausbreitung der Erkrankung

Liegt tatsächlich ein Morbus Hodgkin vor, so ist es für die Behandlungsplanung wichtig zu wissen, wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat und welche Organe betroffen sind. Auskunft darüber geben verschiedene bildgebende Verfahren wie die Ultraschall- und Röntgenuntersuchung, die Magnetresonanztomographie (MRT), die Computertomographie (CT) und die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Die Ganzkörper-PET erfolgt dabei standardmäßig immer in Kombination mit einer CT [kurz: PET-CT] und/oder einer MRT [kurz: PET-MRT]. Aufgrund der geringeren Strahlenbelastung wird bevorzugt die MRT eingesetzt, für die Untersuchung der Lunge und/oder eine rasche Beurteilung des Krankheitsstadiums ist jedoch eine CT unabdingbar. In Einzelfällen kann bei Verdacht auf einen Knochenbefall zudem eine Skelett-Szintigraphie erforderlich sein.

Um herauszufinden, ob auch das Knochenmark von der Erkrankung betroffen ist, wurde früher in fortgeschrittenen Krankheitsstadien außerdem eine Knochenmarkstanzbiopsie durchgeführt und auf Lymphomzellen untersucht. Seit Beginn der Therapieoptimierungsstudie EuroNet-PHL-C2 wird ein möglicher Knochenmarkbefall durch die PET-Untersuchung miterfasst, so dass die Knochenmarkentnahme nicht mehr erforderlich ist. Dies gilt auch nach Abschluss der Studie weiterhin als Standard.

Die Krebserkrankung eines Kindes ist für die ganze Familie eine belastende Situation. Das Psychosoziale Team der Klinik oder später der Nachsorgeeinrichtung steht Patienten und ihren Angehörigen von der Diagnose bis zum Abschluss der Behandlung sowie während der Nachsorge beratend und unterstützend zur Seite. Zögern Sie nicht, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Es ist fester Bestandteil des Behandlungskonzepts aller kinderonkologischen Zentren im deutschsprachigen Raum. Hier finden Sie umfassende Informationen zum Thema.

Untersuchungen vor Therapiebeginn

Behandlungsvorbereitend erfolgt eine Überprüfung der Herzfunktion (Elektrokardiographie [EKG] und Echokardiographie). Umfangreiche Laboruntersuchungen dienen dazu, den Allgemeinzustand des Patienten zu überprüfen und festzustellen, ob durch das Hodgkin-Lymphom die Funktionen einzelner Organe (zum Beispiel Nieren, Leber und Lunge) beeinträchtigt sind oder Stoffwechselstörungen vorliegen, die vor oder während der Behandlung besonders berücksichtigt werden müssen. Auch Hormonuntersuchungen werden durchgeführt. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können aufgrund solcher Ausgangsbefunde besser beurteilt werden. Im Hinblick auf eventuell notwendig werdende Bluttransfusionen muss eine Bestimmung der Blutgruppe erfolgen.

Gut zu wissen: Nicht alle Untersuchungen sind bei jedem Patienten notwendig. Ihr Behandlungsteam wird Sie darüber informieren, welche diagnostischen Verfahren bei Ihnen beziehungsweise Ihrem Kind zur Therapieplanung erforderlich sind.

Therapieplanung

Nachdem die Diagnose feststeht, erfolgt die Therapieplanung. Um eine möglichst individuelle, auf den Patienten zugeschnittene (risikoadaptierte) Behandlung durchführen zu können, berücksichtigt das Behandlungsteam bei der Planung bestimmte Faktoren, die die Prognose des Patienten beeinflussen (so genannte Risiko- oder Prognosefaktoren).

Wichtige Prognosefaktoren und somit auch wichtige Kriterien bei der Behandlungsplanung sind:

  • Feingewebliche Form (Subtyp) des Hodgkin-Lymphoms: Sie entscheidet darüber, nach welchem Therapieprotokoll beziehungsweise welcher Therapieoptimierungsstudie der Patient behandelt wird.
  • Krankheitsstadium: Die Ausbreitung der Erkrankung in- und außerhalb des lymphatischen Gewebes und das Vorhandensein (oder Nicht-Vorhandensein) weiterer stadiendefinierender Faktoren (B-Symptome, erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, große Tumormasse) sind ausschlaggebend dafür, welchem Therapielevel der Patient zugeordnet wird. Derzeit werden drei Therapielevel unterschieden, zugeschnitten auf Patienten mit frühen, mittleren und fortgeschrittenen Krankheitsstadien. In den verschiedenen Therapieleveln ist die Behandlung unterschiedlich intensiv. Auf diese Weise können die Heilungschancen auch bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung noch positiv beeinflusst werden.
  • Ansprechen der Erkrankung auf die Chemotherapie: Dies ist ein wichtiges Kriterium dafür, ob eine Strahlentherapie erforderlich ist oder nicht.

Im Anschluss finden Sie die wichtigsten Informationen zur feingeweblichen Einteilung der Hodgkin-Lymphome sowie zu den Krankheitsstadien. Ausführliche Informationen zu allen Kriterien der Therapieplanung erhalten Sie in unserem ausführlichen Patiententext.

Formen des Hodgkin-Lymphoms

Hodgkin-Lymphome lassen sich anhand bestimmter mikroskopischer Merkmale, die bei der Diagnose bestimmt werden, in verschiedene Unterformen einteilen. Fachleute nennen diese Einteilung „Klassifikation“. Die internationale WHO-Klassifikation unterscheidet bei Kindern und Jugendlichen fünf Formen des Hodgkin-Lymphoms. Vier davon werden unter dem Begriff „klassisches Hodgkin-Lymphom“ zusammengefasst.

  1. Lymphozyten-prädominantes Hodgkin-Lymphom (LPHL)
  2. Klassisches Hodgkin-Lymphom:
  • Nodulär-sklerosierender Typ (NS)
  • Lymphozytenreicher Typ (LR)
  • Mischtyp (MC)
  • Lymphozytenarmer Typ (LD)

Die verschiedenen Formen des Hodgkin-Lymphoms treten unterschiedlich häufig auf und weisen zum Teil auch Unterschiede im Krankheitsverlauf und in ihrer Heilbarkeit auf. Das gilt insbesondere für das Lymphozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom, das etwa 10 % der Erkrankungsfälle ausmacht: Es wird mittlerweile als eigenes Krankheitsbild betrachtet und nach anderen Therapieplänen behandelt als das klassische Hodgkin-Lymphom. In den westlichen Ländern kommt der nodulär-sklerosierende Typ mit fast 70 % allerdings am häufigsten vor, gefolgt vom Mischtyp. Die beiden anderen Formen sind bei Kindern und Jugendlichen seltener.

Krankheitsstadien

Für die Behandlungsplanung und die Abschätzung der Therapieaussichten ist das Krankheitsstadium des Patienten von entscheidender Bedeutung. Es wird in erster Linie danach festgelegt, wie weit sich das Hodgkin-Lymphom zum Zeitpunkt der Diagnose im Körper ausgebreitet hat: Wichtig sind dabei Ort und Anzahl der befallenen Lymphknotenregionen. Darüber hinaus wird berücksichtigt, ob Organe und Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems befallen sind. Ein solcher „extranodaler Befall“ wird als E-Stadium bezeichnet, wenn sich – ausgehend von der (oder den) befallenen Lymphknotenregion(en) – das Lymphom auf ein einzelnes, benachbartes nicht-lymphatisches Organ oder Gewebe ausgebreitet hat (so genannter Durchwanderungsbefall).

Darüber hinaus wird berücksichtigt, ob Organe und Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems befallen sind. Ein solcher „extranodaler Befall“ wird als E-Stadium bezeichnet, wenn sich – ausgehend von der (oder den) befallenen Lymphknotenregion(en) – das Lymphom auf ein einzelnes, benachbartes nicht-lymphatisches Organ oder Gewebe ausgebreitet hat (so genannter Durchwanderungsbefall).

Der Morbus Hodgkin wird nach der aktualisierten Ann-Arbor-Klassifikation in vier Haupt-Krankheitsstadien (I-IV) eingeteilt (siehe Tabelle im Anschluss).

Ausbreitungsstadien des Hodgkin-Lymphoms (unter zusätzlicher Berücksichtigung der E-Stadien)
Krankheitsstadien
Definition
Stadium I
Befall einer einzelnen Lymphknotenregion (Stadium I) oder
Befall einer einzelnen Lymphknotenregion mit zusätzlicher Ausbreitung auf ein einzelnes benachbartes, nicht-lymphatisches Organ, zum Beispiel Brustwand, Herzbeutel, Lunge (Stadium IE)
Stadium II
Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (Stadium II) oder
Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells mit zusätzlicher Ausbreitung auf ein einzelnes benachbartes, nicht-lymphatisches Organ, zum Beispiel Brustwand, Herzbeutel, Lunge (Stadium IIE)
Stadium III
Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (Stadium III) oder
Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells mit zusätzlicher Ausbreitung auf ein einzelnes, benachbartes nicht-lymphatisches Organ (Stadium IIIE) und/oder einem Befall der Milz (Stadien IIIES bzw. IIIS)
Stadium IV
Ausgedehnter Befall von einem oder mehreren nicht-lymphatischen Organen oder Geweben (zum Beispiel Lunge, Leber, Knochen, Knochenmark) mit oder ohne Befall von (entfernten) Lymphknoten

E steht für extranodal = außerhalb des Lymphknotens liegend und kennzeichnet einen Befall von nicht-lymphatischen Organen/Geweben (ausgehend von der betroffenen Lymphknotenregion).
S steht für spleen (englisch für Milz) und kennzeichnet einen Befall der Milz.

Jedes der vier oben genannten Krankheitsstadien wird in A- oder B-Kategorien unterteilt:

A: bei Fehlen von Allgemeinsymptomen
B: bei folgenden Allgemeinsymptomen (B-Symptomen):

  • unerklärlicher Gewichtsverlust von mehr als 10 % innerhalb von sechs Monaten und/oder
  • andauerndes oder wiederholt auftretendes Fieber (drei Tage hintereinander über 38°C) unklarer Ursache und/oder
  • starker Nachtschweiß (zum Beispiel nasses Haar, durchnässter Pyjama)

Liegen B-Symptome vor, wird an das jeweilige Krankheitsstadium ein B angehängt, ansonsten ein A (zum Beispiel IB oder IA).

Weitere Kriterien der Stadienbestimmung: Im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie EURONet-PHL-C2 wurden neben E-Stadien und B-Symptomen erstmalig zwei weitere wichtige Faktoren berücksichtigt, um das Krankheitsstadium und somit die Therapie genauer festzulegen: erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (ESR) und große Tumormasse (englisch: "bulky disease", kurz "bulk"). Beide Prognosefaktoren finden auch weiterhin bei der Therapieplanung Berücksichtigung.

Gut zu wissen: Das Vorliegen von E-Stadien und/oder B-Symptomen, eine über eine bestimmte Größe hinausgehende zusammenhängende Tumormasse oder eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit beeinflussen den Verlauf der Erkrankung ungünstig. Patienten, die davon betroffen sind, müssen aus diesem Grund intensiver behandelt werden als Patienten ohne diese Risikofaktoren, das heißt, sie werden einem entsprechend höheren Therapielevel zugeordnet (mehr dazu siehe hier).

Behandlung

Die Behandlung eines Patienten mit Hodgkin-Lymphom muss in einer kinderonkologischen Behandlungseinrichtung erfolgen. Dort ist das hoch qualifizierte Fachpersonal (Ärzte, Fachpflegekräfte) auf die Behandlung krebskranker Kinder spezialisiert und mit den modernsten Therapieverfahren vertraut. Die Ärzte dieser Klinikabteilungen stehen in fachorientierten Arbeitsgruppen in ständiger, enger Verbindung miteinander und behandeln ihre Patienten nach gemeinsam entwickelten und stetig weiter verbesserten Therapieplänen. Ziel der Behandlung von Patienten mit Morbus Hodgkin ist, eine hohe Heilungsrate bei möglichst geringen Nebenwirkungen und Spätfolgen zu erreichen.

Behandlungsmethoden

Zu den Behandlungsmethoden, die bei einem Hodgkin-Lymphom in Frage kommen, gehören die Chemotherapie, die Strahlentherapie und die Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation.

Im Mittelpunkt der Behandlung steht die Chemotherapie. Man versteht darunter eine Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die das Zellwachstum hemmen. Da ein einzelnes Medikament nicht ausreicht, um alle Lymphomzellen zu vernichten, werden Kombinationen verschiedenartig wirkender Zytostatika eingesetzt (Polychemotherapie). Auf diese Weise soll die größtmögliche Wirkung gegen die bösartigen Zellen erzielt werden.

Bei einem Teil der Patienten schließt sich an die Chemotherapie eine niedrig dosierte Bestrahlung der befallenen Regionen an. Der Einsatz der Strahlentherapie wurde in den vergangenen Jahren stetig reduziert, um strahlenbedingte Langzeitfolgen so gering wie möglich zu halten. Inzwischen werden Patienten nur unter bestimmten Voraussetzungen bestrahlt, zum Beispiel, wenn die Erkrankung nicht ausreichend auf die Chemotherapie anspricht (siehe Kapitel "Behandlungsablauf").

In seltenen Fällen, zum Beispiel, wenn die Erkrankung auf die übliche chemo- und strahlentherapeutische Behandlung nicht anspricht oder bei einem Krankheitsrückfall, kann darüber hinaus eine hoch dosierte Chemotherapie (Hochdosis-Chemotherapie in Betracht kommen. Die verabreichte Zytostatikadosis ist bei dieser Therapie so hoch, dass auch widerstandsfähige Lymphomzellen im Körper abgetötet werden. Da dabei aber auch das blutbildende System im Knochenmark zerstört wird, müssen im Anschluss Stammzellen der Blutbildung übertragen (transplantiert) werden. In der Regel werden diese Blutstammzellen dem Patienten vor der Hochdosis-Chemotherapie aus Knochenmark oder Blut entnommen und nach Abschluss der Behandlung wieder übertragen (so genannte autologe Stammzelltransplantation).

Gut zu wissen: Die Intensität und Dauer der Chemotherapie, die Notwendigkeit einer Bestrahlung oder einer Stammzelltransplantation sowie die Prognose der Erkrankung richten sich vor allem danach, wie weit sich die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose im Körper ausgebreitet hat (Krankheitsstadium) und wie die Krankheit auf die Therapie anspricht. Die Form des Hodgkin-Lymphoms spielt bei der Behandlungsplanung nur eine untergeordnete Rolle (siehe Ausnahme LPHL im Anschluss).

Besonderheiten beim Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphom (LPHL)

Gewisse Therapieabweichungen gibt es bei Kindern und Jugendlichen mit einem Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphom: Anders als beim klassischen Hodgkin-Lymphom ist es bei diesem Typ in einem frühen Stadium der Erkrankung (IA oder IIA) möglich, auf eine Chemotherapie (und Bestrahlungsbehandlung) zu verzichten – vorausgesetzt, es ist nur ein einzelner Lymphknoten befallen und er kann ohne Gefährdung oder Verstümmelung des Patienten komplett (das ist sehr wichtig!) operativ entfernt werden. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass etwa zwei Drittel dieser Patienten auch ohne Chemo- und Strahlentherapie gesund werden. Die Patienten werden aber weiterhin regelmäßig untersucht und der Krankheitsverlauf genau überwacht (so genannte Beobachtungsstrategie). Tritt die Krankheit erneut auf, erfolgt eine Behandlung.

Patienten im Stadium IA mit Resttumor und Patienten im Stadium IIA erhalten – ebenfalls im Unterschied zum klassischen Hodgkin-Lymphom – zunächst eine milde Chemotherapie. Ob sich daran weitere Therapiemaßnahmen (zum Beispiel zusätzliche Chemotherapieblöcke, gegebenenfalls Strahlentherapie) anschließen, hängt davon ab, wie gut die Erkrankung auf die Chemotherapie anspricht. Nur für Patienten mit weiter fortgeschrittener Erkrankung (Stadium III-IV) ist eine Behandlung wie beim klassischen Hodgkin-Lymphom vorgesehen (Standardtherapie mit COPDAC, siehe Kapitel „Behandlungsablauf“ im Anschluss). Die Mehrheit (über 80 bis 85 %) der Patienten mit Lymphozyten-prädominantem Hodgkin-Lymphom wird allerdings im Stadium IA oder IIA diagnostiziert.

Behandlungsablauf (klassisches Hodgkin-Lymphom)

Im Folgenden wird der Behandlungsablauf beim klassischen Hodgkin-Lymphom vorgestellt. Er orientiert sich an den Therapievorgaben der Studie EuroNet-PHL-C2, die bis 31.09.2021 für die Aufnahme von Patienten mit Hodgkin-Lymphom geöffnet war (siehe Abschnitt „Therapieoptimierungsstudien und Register“). Wichtige Behandlungselemente sind die Chemotherapie und die Strahlentherapie. Sofern eine Bestrahlung erforderlich ist, findet diese nach Abschluss der Chemotherapie statt. Die Entscheidung für oder gegen eine Strahlentherapie hängt in erster Linie vom Therapieansprechen ab (siehe unten).

Anmerkung zur Studie EuroNet-PHL-C2:

Im Rahmen der Studie EuroNet-PHL-C2 wurde bei Patienten mit intermediären und fortgeschrittenen Krankheitsstadien die derzeitige Standardtherapie mit einem anderen, vielversprechenden Therapieansatz verglichen. Dieser zielte darauf ab, den Einsatz der Strahlentherapie und somit strahlenbedingte Nebenwirkungen in Zukunft weiter zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurden Patienten im Therapielevel 2 (intermediär) und 3 (fortgeschritten) nach dem Zufallsverfahren zwei verschiedenen Behandlungsarmen zugeteilt (Standard-Arm und Prüf-Arm). Dieser Vorgang wird "Randomisierung" genannt. Unterschiede zwischen den beiden Armen betrafen sowohl die Chemo- als auch die Strahlentherapie.

Die seit Oktober 2020 für die Patientenaufnahme geschlossene Studie wird derzeit ausgewertet. Erste zuverlässige Ergebnisse aus der Studie werden nicht vor August 2023 verfügbar sein. Für neu erkrankte Patienten empfiehlt die Studienzentrale eine individuell abgestimmte Therapie gemäß Standard- oder Prüf-Arm.

Chemotherapie

Die chemotherapeutische Behandlung besteht bei einem Patienten mit klassischem Hodgkin-Lymphom prinzipiell aus mehreren Therapiezyklen (Chemotherapieblöcken). Die Zahl der Zyklen und somit die Dauer und Intensität der Behandlung richten sich in erster Linie nach dem Krankheitsstadium des Patienten und infolgedessen nach dem Therapielevel (TL), in dem er behandelt wird. In der Regel erhalten:

  • Patienten in frühen Krankheitsstadien (TL 1): zwei oder drei Chemotherapiezyklen
  • Patienten in mittleren Krankheitsstadien (TL 2): vier Chemotherapiezyklen
  • Patienten mit fortgeschrittenen Krankheitsstadien (TL 3): sechs Chemotherapiezyklen

Jeder Therapieblock dauert etwa zwei Wochen. In den verschiedenen Therapieblöcken werden zum Teil unterschiedliche Medikamentenkombinationen verabreicht: In den ersten beiden Blöcken – der so genannten Induktionstherapie – sind zum Beispiel die Zytostatika Prednison, Vincristin, Adriamycin (Doxorubicin) und Etoposid (kurz: OEPA) der Standard. In allen weiteren Blöcken – der Konsolidierungstherapie – besteht die Standard-Kombination aus Prednison, Vincristin, Cyclophosphamid und Dacarbazin (kurz: COPDAC). Zwischen den einzelnen Blöcken liegen etwa zweiwöchige Behandlungspausen. Die Gesamtdauer der Chemotherapie beträgt zwei bis sechs Monate, vorausgesetzt es tritt im Laufe oder nach Abschluss der Therapie kein Rückfall auf.

Besonderheiten im Rahmen der Studie EuroNet-PHL-C2

Bei Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungsstadien (Therapielevel 2 und 3) wurde die derzeitige Standard-Konsolidierungstherapie (COPDAC-Kombination) mit einer intensivierten Konsolidierungs-Chemotherapie verglichen: Patienten im Standard-Therapiearm erhielten die bewährte COPDAC-Kombination (siehe oben) in einem 28-Tage-Zyklus (kurz: COPDAC-28). Patienten im Prüfarm erhielten die gleichen Zytostatika, zusätzlich aber noch die Medikamente Etoposid und Doxorubicin. Diese Kombination, "DECOPDAC" genannt, wurde und in einem 21-Tage-Zyklus verabreicht (kurz: DECOPDAC-21).

Aktuell gilt: Im Rahmen des Registers empfiehlt die Studienzentrale die Standardtherapie, aber auch der experimentelle Arm kann im Individualfall gewählt werden. Dies wird der behandelnden Klinik überlassen. Die behandelnden Ärzte sollten beide Therapieoptionen für die Konsolidierungstherapie mit den Eltern / Patienten besprechen und gemeinsam eine Entscheidung über die Therapie treffen.

Strahlentherapie

Im Rahmen der aktuellen Therapieempfehlung erfolgt bei weniger als etwa der Hälfte der Patienten im Anschluss an die Chemotherapie eine Strahlentherapie. Ausschlaggebend bei der Entscheidung für oder gegen eine Bestrahlung ist nicht mehr (wie es bis vor einiger Zeit der Fall war) das Krankheitsstadium des Patienten, sondern das Ansprechen der Erkrankung auf die Chemotherapie.

Als Standard-Therapieempfehlung (gemäß Standard-Arm der Studie) gilt:

  • Patienten, die nach zwei Chemotherapieblöcken bei einer Untersuchung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ein gutes (adäquates) Ansprechen der Erkrankung zeigen, erhalten keine Strahlentherapie. Dabei spielt es keine Rolle, zu welcher Therapiegruppe (Therapielevel) der Patient gehört, also wie weit die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten war.
  • Patienten, deren Erkrankung nicht gut genug (nicht adäquat) auf die ersten beiden Chemotherapieblöcke anspricht, werden nach Abschluss der Chemotherapie bestrahlt.

Gutes Ansprechen“ bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt der Diagnose vorhandener Tumor keine lebenden Tumorzellen mehr enthält, also PET-negativ ist, und sich sein Volumen um mindestens 50 % verkleinert hat.

Die Strahlentherapie beginnt in der Regel etwa zwei Wochen nach Ende der Chemotherapie: je nach Therapielevel also nach insgesamt zwei oder drei (TL-1), vier (TL-2) oder sechs (TL-3) Chemotherapieblöcken. Die Standard-Gesamtstrahlendosis beträgt 20 Gray (Gy) für alle zum Zeitpunkt der Diagnose befallenen Lymphknotenregionen (empfindliche Organe erhalten geringere Strahlendosen; in manchen Fällen werden auch höhere Dosen verabreicht). Um das gesunde Gewebe in der Umgebung zu schonen, wird die Gesamtdosis nicht in einmaliger Behandlung verabreicht, sondern in kleinen Portionen von maximal 1,8 Gy eingestrahlt. Die Behandlungszeit erstreckt sich auf zwei bis drei Wochen pro Bestrahlungsserie, die Wochenenden bleiben in der Regel bestrahlungsfrei.

Anmerkung zur Studie EuroNet-PHL-C2

Die oben beschriebene Standard-Strahlentherapie wurde bei Patienten (Therapielevel 1-3) angewandt, die dem Standard-Chemotherapiearm (COPDAC-28) zugeordnet waren. Bei Patienten im Prüfarm der Studie (DECOPDAC-21) wurden nur die Körperregionen bestrahlt, die nach Abschluss der gesamten Chemotherapie noch lebendes Tumorgewebe enthileten, also PET-positiv waren. Zusätzlich mussten die Tumoren einen Mindestdurchmesser von 1 cm überschreiten. Die Regel-Strahlendosis betrug 30 Gy. Das Vorgehen im Prüfarm sollte zeigen, ob sich die Anwendung der Strahlentherapie (dank der vorherigen intensivierten Chemotherapie) weiter reduzieren lässt, ohne dass es zu Einbußen im Behandlungserfolg kommt.

Aktuell gilt: Im Rahmen des Registers empfiehlt die Studienzentrale bis zum Vorliegen der Studienergebnisse, dass die behandelnden Ärzte gemeinsam mit den Eltern entscheiden, welche Art der Therapie erfolgen soll. Die Strahlentherapie richtet sich dabei nach der durchgeführten Chemotherapie (gemäß Standardarm oder Prüfarm, siehe auch Kapitel „Chemotherapie“).

Therapieoptimierungsstudien und Register

Fast alle Kinder und Jugendliche mit einem Hodgkin-Lymphom werden in Deutschland im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien oder Registern behandelt. Therapieoptimierungsstudien sind kontrollierte klinische Studien, die das Ziel haben, erkrankte Patienten nach dem jeweils aktuellsten Wissensstand zu behandeln und gleichzeitig die Therapiemöglichkeiten zu verbessern und weiter zu entwickeln. Da viele Behandlungszentren beteiligt sind, spricht man auch von „multizentrischen“ Studien.

Patienten, die an keiner Studie teilnehmen, entweder weil zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung keine Studie verfügbar ist oder weil sie die Einschlusskriterien einer bestehenden Studie nicht erfüllen, werden oft in einem so genannten Register dokumentiert. Die Behandlung erfolgt generell nach den Therapieempfehlungen der Studienzentrale. Auf diese Weise erhält der Patient die zu diesem Zeitpunkt verfügbare optimale Therapie.

Zurzeit gibt es in Deutschland (mit internationaler Beteiligung), die im Folgenden genannten Register / Empfehlungen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Hodgkin-Lymphom:

  • Register GPOH-HD (2020): Register der Hodgkin-Studiengruppe für Kinder und Jugendliche mit Hodgkin-Lymphom, egal welcher Art. Das Register wurde am 01.10.2020 nach Ende der Patientenaufnahme in die Studie EuroNet-PHL-C2 mit dem Ziel eröffnet, die optimale Behandlung von Hodgkin-Patienten auch in den Phasen ohne klinische Studien sicherzustellen. Aufgenommen werden Patienten mit Ersterkrankung oder Rezidiv eines klassischen oder Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphoms (LPHL). Auch Patienten bisheriger Studien können in das Register eingeschlossen werden. Die Studienzentrale stellt Therapieempfehlungen bereit, die sich an den Studien EuroNet-PHL-C2 und EuroNet-PHL-LP1 orientieren (siehe unten).
  • Therapieempfehlungen auf Basis der Studie EuroNet-PHL-C2: Für Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) mit einem neu diagnostizierten klassischen Hodgkin-Lymphom ist seit Oktober 2020 die Aufnahme in das aktuelle GPOH-HD-Register möglich (siehe oben). Die Behandlung im Rahmen des Registers orientiert sich an der internationalen Therapieoptimierungsstudie Euro-Net-PHL-C2, die von Oktober 2016 bis September 2020 für die Patientenaufnahme geöffnet war. An der Studie waren zahlreiche Kinderkliniken und pädiatrisch-onkologische Behandlungszentren in ganz Deutschland sowie in anderen europäischen und außereuropäischen Länder beteiligt. Die Studie wird derzeit ausgewertet.
  • Therapieempfehlungen auf Basis der Studie EuroNet-PHL-LP1: Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) mit einem frühen Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphom (LPHL, Krankheitsstadium IA oder IIA) können seit Oktober 2020 in das aktuelle GPOH-HD-Register aufgenommen werden (siehe oben). Die Behandlung Im Rahmen des Registers orientiert sich an der Therapieoptimierungsstudie EuroNet-PHL-LP1, die in Deutschland im November 2014, in anderen europäischen Ländern Ende 2018 für die Patientenaufnahme geschlossen wurde.

Anmerkung: Die internationale und deutsche Studienzentrale für das Register und die inzwischen geschlossenen EuroNet-PHL-Studien befindet sich am Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitätsklinik Gießen. Studienleiter ist Prof. Dr. med. Dieter Körholz. EuroNet-PHL steht für European Network Paediatric Hodgkin’s Lymphoma.

Prognose

Heilungsaussichten bei Patienten mit Ersterkrankung

Die Heilungsaussichten (Prognose) von Kindern und Jugendlichen, die erstmalig an einem Hodgkin-Lymphom erkranken, sind sehr gut. 97 % aller Patienten, das heißt mehr als neun von zehn Patienten mit dieser Krankheit, können dank der heute eingesetzten modernen Untersuchungsmethoden und intensiven standardisierten Kombinationstherapien langfristig geheilt werden – unabhängig davon, wie weit die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten ist.

Die gute Prognose ist allerdings nur dadurch möglich, dass die Behandlungsintensität (Zahl der Chemotherapiezyklen, Strahlentherapie) – im Rahmen der verschiedenen Therapiegruppen – ganz spezifisch auf die jeweilige Krankheitssituation des Patienten abgestimmt wird. Patienten mit weiter fortgeschrittener Erkrankung (Therapiegruppe II und III) bedürfen einer intensiveren Therapie als Patienten mit frühen Krankheitsstadien (Therapiegruppe I), damit sie eine vergleichbar gute Prognose haben.

Heilungsaussichten bei Patienten mit Krankheitsrückfall

Bei etwa 11 % der Patienten (unter 18 Jahren) mit Hodgkin-Lymphom kommt es – nach Angaben der Morbus-Hodgkin-Studienzentrale (Gießen) – zu einem Krankheitsrückfall (Rezidiv) oder einem Fortschreiten der Erkrankung trotz Behandlung (Tumorprogression). In der Regel können auch im Rezidivfall noch gute langfristige Behandlungsergebnisse und Heilungen erreicht werden. Die Prognose für den einzelnen Patienten hängt allerdings in erster Linie davon ab, zu welchem Zeitpunkt das Rezidiv auftritt und wie intensiv die Behandlung bei der Ersterkrankung war:

Patienten, die erst spät einen Rückfall erleiden (das heißt später als 1 Jahr nach Therapieende) haben mit einer zweiten Chemo- und Strahlentherapie eine sehr gute Heilungschance (10-Jahres-Überlebensraten von über 90 %). Eine gute Prognose haben auch Patienten, deren Erkrankung sich zum Zeitpunkt der Erstdiagnose noch in einem frühen Stadium befand (Patienten der Therapiegruppe 1) und/oder die während der Erstbehandlung noch keine Strahlentherapie erhalten haben.

Weniger günstige Heilungschancen mit einer konventionellen Chemo- und Strahlentherapie haben Patienten mit einem Frührezidiv (Rezidivauftreten zwischen drei und zwölf Monaten nach Therapieende) sowie Patienten, deren Erkrankung auf die Erstbehandlung nicht anspricht oder sogar fortschreitet (10-Jahres-Überlebensraten von circa 75 beziehungsweise 50 %). Ähnliches gilt auch für Patienten, die bereits im Rahmen der Erstbehandlung aufgrund ihres fortgeschrittenen Krankheitsstadiums eine sehr intensive Chemo- und Strahlentherapie erhalten haben. Bei diesen Patienten besteht aufgrund des hohen Rückfallrisikos oft nur eine gute Aussicht auf Heilung, wenn eine besonders intensive Form der Therapie (Hochdosis-Chemotherapie und autologe Stammzelltransplantation) durchgeführt wird.

Anmerkung: Bei den genannten Heilungsraten handelt es sich um statistische Größen. Sie stellen für eine große Gruppe der an einem Hodgkin-Lymphom erkrankten Kinder und Jugendlichen eine wichtige und zutreffende Aussage dar. Ob der einzelne Patient geheilt werden kann oder nicht, lässt sich individuell nicht zutreffend vorhersagen. Jedoch stellt hier die Statistik eine wichtige Abschätzung der Heilungs-Wahrscheinlichkeit dar.

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