Feingewebliche und molekulare Einteilung der Ependymome (Klassifikation)

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 18.04.2020 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e48532

Es gibt verschiedene Arten von Ependymomen, die sich sowohl feingeweblich, das heißt hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes unter dem Mikroskop, als auch bezüglich ihrer molekularen Gewebeeigenschaften voneinander unterscheiden.

Bis vor kurzem erfolgte die Einteilung der Ependymome (Klassifikation) ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer feingeweblichen (histologischen) Eigenschaften. Die Klassifikation der Weltgesundheitsorgansiation (englisch: World Health Organization, WHO) unterschied nach diesem Kriterium einerseits niedriggradig maligne Ependymome (WHO-Grad I), deren Zellen sich selten teilen, die also eher langsam wachsen, und höhergradig maligne Ependymome (WHO-Grad II und III) mit höheren Teilungsraten und weiteren typischen Merkmalen für ein aggressives Wachstum. Es hat sich allerdings gezeigt, dass das Aussehen der Tumoren unter dem Mikroskop nur bedingt geeignet ist, das Wachstumsverhalten eines Ependymoms vorherzusehen. Stattdessen scheinen genetische Eigenschaften des Tumorgewebes eine genauere Einschätzung der Tumorbiologie zu ermöglichen und daher für eine sinnvolle Therapieplanung besser geeignet zu sein. Molekulare Subtypen werden daher in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle bei der Therapieentscheidung spielen.

Die aktuelle WHO-Klassifikation für Tumoren des Zentralnervensystems unterscheidet derzeit (nach histologischen und teilweise auch molekulargenetischen Kriterien) folgende Ependymome [LOU2016] [TIM2018]:

  • Subependymom WHO-Grad I: langsam wachsender, niedriggradiger Tumor
  • Myxopapilläres Ependymom WHO-Grad I: langsam wachsender, niedriggradiger Tumor
  • Ependymom WHO-Grad II: in der Regel langsam wachsender Tumor aus differenzierten Ependymzellen und wenig Merkmalen aggressiven Wachstums. Je nachdem, welches Zellbild unter dem Mikroskop vorherrschen, werden verschiedene Varianten unterschieden: das papilläre Ependymom, das klarzellige Ependymom und das tanyzytische Ependymom.
  • Ependymom RELA-Fusion-positiv WHO-Grad II oder III: Tumor mit zum Teil aggressiven Wachstumseigenschaften
  • Anaplastisches Ependymom WHO-Grad III: Beim anaplastischen Ependymom ist die reguläre Anordnung der Ependymzellen aufgehoben. Die Zellen teilen sich sehr häufig und sind weniger differenziert als bei den Ependymomen mit niedriger Malignität. Anaplastische Ependymome zeigen daher deutliche Zeichen eines aggressiven Wachstums.

Die meisten Ependymome im Kindes- und Jugendalter sind Grad II- oder III-Tumoren: In Bereich des Kleinhirns dominieren das Ependymom WHO-Grad II und das anaplastische Ependymom WHO-Grad III; in Großhirn und Zwischenhirn sind Ependymome RELA-Fusion-positiv WHO-Grad II oder III am häufigsten. Das myxopapilläre Ependymom WHO-Grad I kommt ausschließlich im Rückenmarkskanal vor. Subependymome WHO-Grad I treten bei Kindern und Jugendlichen nicht oder nur sehr selten auf.

Anmerkung: Die Grenze zwischen Grad-II- und Grad-III-Tumoren lässt sich bei der feingeweblichen Untersuchung nicht immer eindeutig festlegen, so dass das tatsächliche Wachstumsverhalten durch diese Einteilung nicht sicher vorhergesagt werden kann. Allerdings gibt es zwischen WHO-Grad-II- und -III-Ependymomen keinen Unterschied hinsichtlich Therapie und Heilungsaussichten der Patienten.

Die Tumorbiologie, das heißt die molekularen Eigenschaften der Tumoren, sowie die gesundheitlichen Probleme, die sie verursachen, unterscheiden sich je nach Lage des Ependymoms. Bei einem Großteil der Ependymome in Großhirn und Zwischenhirn (supratentorielle Ependymome) liegt beispielsweise eine Fusion von zwei Genen (ReLA-Gen und C11orf95-Gen) vor (siehe Ependymom RELA-Fusion-positiv der WHO-Klassifikation). Diese Fusion führt zur Bildung eines Proteins, welches vermutlich zur Entstehung von Krebs beiträgt. Darüber hinaus gibt es weitere molekulare Subtypen, die bislang nicht in der WHO-Klassifikation berücksichtigt sind. Dennoch hilft die Kenntnis um diese Subtypen den Wissenschaftlern bei der weiteren Erforschung der Tumorbiologie sowie bei der Entwicklung neuer Behandlungsansätze [TIM2018].