Tumoren des Rachens und Kehlkopfes – Kurzinformation

Tumoren des Rachens und Kehlkopfes gehören bei Kindern und Jugendlichen zu den seltenen Tumorerkrankungen. Sie können gut- oder bösartig sein. In diesem Text erhalten Sie Informationen zu Krankheitsbild, Symptomen, Ursachen, Diagnose, Therapie und Prognose dieser Tumoren.

Autor:  Prof. Dr. med. Dominik T. Schneider, Dr. med. Ines Brecht, Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 27.02.2024 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e175841

In Rachen (Pharynx) und Kehlkopf (Larynx) können sich sowohl gutartige als auch bösartige Tumoren entwickeln. Im Kindes- und Jugendalter kommt dies allerdings sehr selten vor; weniger als zehn Kinder oder Jugendliche erkranken in Deutschland pro Jahr an einem solchen Tumor.

Aus diesem Grund gibt es nicht wie bei anderen Tumoren des Kindes- und Jugendalters Therapiestudien, in denen die beste Therapiestrategie an vielen Patienten geprüft worden ist. Die Experten des Registers für Seltene Tumorerkrankungen in der Pädiatrie (STEP) haben jedoch mit den folgenden Informationen die Erfahrungen zusammengefasst, die sie selbst sowie internationale Forschergruppen gewonnen haben.

Jedes Kind ist aber anders und es ist wichtig, die Therapie individuell auf jeden einzelnen Patienten auszurichten. Daher bietet STEP den behandelnden Kliniken eine kostenfreie Beratung in einem Tumorboard unter Beteiligung von Experten verschiedener Fachdisziplinen an. Gerne kann sich Ihr behandelnder Arzt an die Experten von STEP wenden: unter step@klinikumdo.de. Durch die Meldung an das STEP-Register können Sie außerdem helfen, die Erfahrung bei diesen seltenen Tumoren zu erweitern. Damit helfen Sie anderen Kindern, die in Zukunft an einer solchen Erkrankung leiden.

Im Folgenden informieren wir Sie über die im Kindes- und Jugendalter auftretenden Tumoren des Rachens und Kehlkopfes.

Einführung zu Rachen und Kehlkopf

Der schlauchartige Rachen (Pharynx) verbindet die Nase mit dem Kehlkopf. Er bildet außerdem das Verbindungsstück zwischen Mundhöhle und Speiseröhre, so dass der größte Teil des Rachens sowohl als Speise- als auch als Atemweg dient.

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(© bilderzwerg - Fotolia.com)

Der trichterförmige Kelhkopf (Larynx) verbindet den Rachenraum mit der Luftröhre. An seinem oberen Ende ist er fest mit dem Zungenbein verbunden, an seinem unteren Ende schließt er an die Luftröhre an. Der Kehlkopf erfüllt drei Aufgaben:

  • Er erlaubt eine ungehinderte Passage der Luft.
  • Er verfügt über einen Schließmechanismus, der beim Schlucken die Luftwege abdichtet, so dass keine Nahrung in die Lunge gelangt.
  • Er ist das wichtigste Organ bei der Stimmbildung.

Krankheitsbild: Was ist ein Tumor des Rachens oder Kehlkopfes?

In Rachen und Kehlkopf können verschiedene Arten von gut- und bösartigen Tumoren auftreten, die sich aus den unterschiedlichen anatomischen Strukturen dieses Bereichs (zum Beispiel Epithelgewebe, Muskelgewebe) entwickeln.

Plattenepithel-Karzinome

Im Kindes- und Jugendalter sehr seltene bösartige (maligne) Tumoren sind die Plattenepithelkarzinome [siehe Karzinom], die vom Deckgewebe der Schleimhäute (Plattenepithel) des Kehlkopfes oder Rachens ausgehen. In der Literatur wird für die Zeit von 1968 bis 2003 von 60 Fällen von Plattenepithelkarzinomen in dieser Altersgruppe berichtet. Die meisten davon traten im Alter von 10 bis 15 Jahren auf. Vereinzelt wurden jedoch auch Plattenepithelkarzinome bei Kindern im Vorschulalter beschrieben. Eine besondere Gruppe sind Patienten mit einer Fanconi-Anämie (siehe auch Kapitel „Ursachen“ und „Symptome“).

Ein extrem seltener Tumor in dieser Region ist das so genannte NUT-Karzinom. Es wird in Deutschland circa einmal pro Jahr diagnostiziert und ist nach einer spezifischen Genveränderung (NUT) benannt, die bei diesem Tumor zu finden ist. Das NUT-Karzinom kann an verschiedenen Stellen des Körpers (zum Beispiel Kopf, Hals, Brustkorb, Bauch, jeweils relativ nahe der Körpermittellinie) auftreten, verhält sich sehr aggressiv und kann ausgedehnt metastasieren. Daher ist bei diesen Tumoren eine intensive Therapie erforderlich. Bitte lassen Sie sich bei dieser Diagnose beraten (step@klinikumdo.de).

Weichgewebetumoren

Etwas häufiger finden sich Tumoren der Kehlkopfmuskulatur (so genannte Rhabdomyosarkome). Für diese Weichgewebetumoren (siehe Weichgewebesarkome) gibt es explizite Therapieempfehlungen des deutschen Registers für bindegewebige Tumoren der Weichgewebe (Soft Tissue Sarcoma Registry, kurz SoTiSar). Hier finden Sie weitere Informationen zu Weichgewebetumoren.

Keimzelltumoren

Darüber hinaus kommen in dieser Region auch Teratome und andere bösartige Keimzelltumoren vor. Patienten mit diesen Tumoren werden über die MAKEI-Therapiestudie betreut.

Gefäßtumoren

Als letzte Erkrankungsgruppe sind Gefäßtumoren (Hämangiome oder Lymphangiome) zu nennen. Klassische Hämangiome des Säuglingsalters können dabei im ersten Lebensjahr auf eine medikamentöse Behandlung mit einem Betablocker (Propranolol) ansprechen. Andere Tumoren wie zum Beispiel die Lymphangiome müssen operativ entfernt werden, zum Teil auch in Kombination mit einer so genannten Sklerosierungstherapie. Bei dieser Therapie (auch Sklerotherapie oder Verödung genannt) wird eine spezielle entzündungsfördernde Substanz in das Lymphangiom gespritzt, die letztlich zur Vernarbung/Verhärtung und so zur Schrumpfung des Tumorgewebes führt. Darüber hinaus gibt es jetzt neue medikamentöse Ansätze, die bei einem Teil der Patienten mit Lymphangiomen erfolgversprechend eingesetzt werden können. Bitte lassen Sie sich hierzu beraten.
Hier finden Sie weitere Informationen zu Hämangiomen.

Ursachen: Wodurch entsteht ein Rachen- oder Kehlkopftumor?

Anders als bei Kindern und Jugendlichen ist bei Erwachsenen der langjährige Missbrauch von Alkohol und Nikotin die häufigste Ursache für ein Plattenepithelkarzinom. Bei Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter sieht man dagegen einen Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Humanen Papilloma-Virus (HPV). Die Infektion kann über die Atemwege oder durch eine Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Geburt erfolgen. Hier muss allerdings angemerkt werden, dass viele Kinder mit diesem Virus infiziert sind, ohne dass sie an einem bösartigen Tumor erkranken. Es scheinen also noch weitere Faktoren (zum Beispiel genetische) eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Kehlkopf- oder Rachenkrebs zu spielen, die bislang noch nicht bekannt sind.

Darüber hinaus sind bestimmte erbliche Erkrankungen, zum Beispiel die Fanconi-Anämie, mit einem erhöhten Risiko für Plattenepithelkarzinome im Bereich des Rachens und Kehlkopfes assoziiert. Aufgrund der Veranlagung (Prädisposition) für die Entwicklung von Tumoren gehört die Fanconi-Anämie auch zu den so genannten Krebsprädispositionssyndromen.

Symptome: Welche Krankheitszeichen gibt es?

Die häufigsten Symptome eines Kehlkopf- oder Rachentumors sind Heiserkeit, Husten, Atemnot und Schluckbeschwerden.

Wichtiger Hinweis: Kinder und Jugendliche mit einer Fanconi-Anämie sollten aufgrund ihres erhöhten Tumorrisikos (siehe Kapitel „Ursachen“) auch ohne Vorliegen von Krankheitszeichen ab dem Jugendalter, das heißt, mit Beginn der Pubertät regelmäßig auf Tumoren im Bereich der Mundhöhle oder des Rachens überwacht werden.

Diagnose: Welche Untersuchungen werden durchgeführt?

In der Regel wird der (Kinder-)Arzt zunächst die Krankheitsgeschichte (Anamnese) erfragen und eine körperliche Untersuchung vornehmen, die auch eine orientierende Spiegelung von Rachen und Kehlkopf beinhaltet. Bei dieser Spiegelung (auch indirekte Laryngoskopie genannt) beurteilt der Arzt den besagten Bereich mit Hilfe eines kleinen beleuchteten Spiegels, den er an Zunge und Gaumenzäpfchen vorbei in den Rachen vorschiebt. Wenn die Spiegelung einen Tumorverdacht ergibt, muss im nächsten Schritt der Tumor mit Hilfe einer Endoskopie dargestellt werden.

Die genaue Lage, Größe und Ausbreitung des Tumors sowie sein Wachstumsmuster können durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall (Sonographie), Magnetresonanztomographie (MRT, Schichtaufnahme des Körpers mit Hilfe von Magnetfeldern) oder Computertomographie (CT, Schichtaufnahme des Körpers mittels Röntgenstrahlen) untersucht werden. Bei Kindern wird man versuchen, auf Röntgenstrahlung zu verzichten, so dass vor allem die Sonographie und Magnetresonanztomographie zum Einsatz kommen.

Gut zu wissen: Es gibt keine Laborwerte, die einen direkten Hinweis auf einen Kehlkopftumor geben könnten.

Die Krebserkrankung eines Kindes ist für die ganze Familie eine belastende Situation. Das Psychosoziale Team der Klinik oder später der Nachsorgeeinrichtung steht Patienten und ihren Angehörigen von der Diagnose bis zum Abschluss der Behandlung sowie während der Nachsorge beratend und unterstützend zur Seite. Zögern Sie nicht, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Es ist fester Bestandteil des Behandlungskonzepts aller kinderonkologischen Zentren im deutschsprachigen Raum. Hier finden Sie umfassende Informationen zum Thema.

Therapie: Wie erfolgt die Behandlung?

Die Behandlung eines Patienten mit Kehlkopf- oder Rachentumor sollte in einer kinderonkologischen Behandlungseinrichtung erfolgen. Dort ist das hoch qualifizierte Fachpersonal (Ärzte, Fachpflegekräfte) auf die Behandlung krebskranker Kinder spezialisiert und mit den modernsten Therapieverfahren vertraut.

Entscheidend ist die komplette operative Entfernung des Tumors. Dabei ist nach Möglichkeit darauf zu achten, dass keine wichtigen Strukturen zerstört werden. Ist der Tumor zu groß für eine Operation oder ungünstig in der Nähe lebenswichtiger Nachbarorgane gelegen, kann begleitend oder vorbereitend eine Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie durchgeführt werden. Andere medikamentöse Therapieansätze sind derzeit noch Gegenstand der Forschung.

Prognose: Wie sind die Heilungschancen?

Aufgrund der Seltenheit dieser Art von Tumoren kann keine Aussage über die Prognose der Erkrankung getroffen werden. Die Heilungsaussichten von Kindern und Jugendlichen mit einem Kehlkopf- oder Rachentumor hängen jedoch wesentlich davon ab, an welchem Tumortyp sie erkrankt sind und ob eine vollständige Tumorentfernung möglich war.

Ausgedehnte Plattenepithelkarzinome und NUT-Karzinome können trotz intensiver Behandlung zum Tode führen. Mit einer kombinierten Strahlen- und Chemotherapie kann aber auch eine dauerhafte Heilung erreicht werden. Lassen Sie sich daher bitte beraten.

Hinweis: Durch die Therapie kann es zu einer Einschränkung des Sprechvermögens kommen, Heiserkeit ist sehr häufig. Wichtig ist daher eine sorgfältige Weiterbetreuung der Patienten auch nach Beendigung der Therapie durch speziell ausgebildete Kinder- und HNO-Arzte.

Literatur

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