Erstdiagnose: Wie wird ein Neuroblastom festgestellt?

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 23.03.2022 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e101882

Findet der (Kinder-)Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung Hinweise auf ein Neuroblastom, wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf diese Form der Krebserkrankung spezialisiert ist (kinderonkologische Behandlungseinrichtung). Denn bei Verdacht auf ein Neuroblastom sind verschiedene Untersuchungen notwendig, zunächst um die Diagnose zu sichern, dann aber auch um festzustellen, um welche Form des Neuroblastoms es sich handelt und wie weit sich die Erkrankung ausgebreitet hat. Die Klärung dieser Fragen ist Voraussetzung für eine optimale Behandlung und Prognose des Patienten.

Körperliche Untersuchung und Laboruntersuchungen

Neben einer erneuten, eingehenden Anamnese und körperlichen sowie neurologischen Untersuchung spielen bei der Diagnosestellung zunächst Laboruntersuchungen eine wichtige Rolle. Denn bei den meisten Patienten mit einem Neuroblastom findet man im Blut oder im Urin erhöhte Werte bestimmter körpereigener Substanzen, die als so genannte Tumormarker für die Krankheitsdiagnose genutzt werden können.

Wichtige Tumormarker beim Neuroblastom sind bestimmte Katecholamine oder deren Abbauprodukte (Dopamin, Vanillinsäure, Homovanillinsäure) sowie die Neuronspezifische Enolase (NSE). Werden diese Stoffe zum Zeitpunkt der Diagnose mit erhöhten Werten nachgewiesen, können sie während und nach der Behandlung zur Kontrolle des Krankheitsverlaufs und Therapieerfolgs herangezogen werden.

Bildgebende Untersuchungen zum Tumornachweis

Weitere Untersuchungen, die der Sicherung der Diagnose sowie der Abgrenzung eines Neuroblastoms von anderen Erkrankungen (wie Wilms-Tumor, Phäochromozytom) dienen, sind bildgebende Verfahren. Bereits mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) können Lage und Größe der meisten Neuroblastome sowie ein eventueller Lymphknotenbefall im Halsbereich oder im Bauch- und Beckenraum sehr gut sichtbar gemacht werden. Eine Röntgenaufnahme [Röntgenuntersuchung] dient der Überprüfung von Lunge und Brustraum.

Um auch sehr kleine Tumoren erkennen und die Beziehung zu benachbarten Strukturen (wie Organe, Blutgefäße, Nerven) besser beurteilen zu können, wird zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) mit und ohne Kontrastmittel durchgeführt. In Einzelfällen kann an Stelle der MRT auch eine Computertomographie (CT) in Frage kommen. Prinzipiell wird die MRT aber bevorzugt eingesetzt, da sie, anders als die CT, nicht mit Röntgenstrahlung, sondern mit Magnetfeldern arbeitet und somit keine Strahlenbelastung verursacht.

Untersuchungen zur Metastasensuche

Zum Nachweis beziehungsweise Ausschluss von Metastasen sowie zur weiteren Beurteilung des Primärtumors erfolgt zudem eine Ganzkörperszintigraphie mit der schwach radioaktiv markierten Substanz 123Iod-meta-Iodbenzylguanidin, kurz 123I-mIBG (MIBG-Szintigraphie). Wenn die MIBG-Szintigraphie negativ ausfällt, das heißt, keine Ergebnisse zeigt, können alternativ andere Methoden der Szintigraphie angezeigt sein, zum Beispiel eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit radioaktiv markiertem Zucker (18-Fluor-Deoxyglukose, kurz FDG). Beide Verfahren werden mit einer CT oder MRT kombiniert.

Da sich mit Hilfe der Szintigraphie ein sehr geringer Befall des Knochenmarks nicht feststellen lässt, ist bei allen Patienten die Entnahme von Knochenmark notwendig. Das Knochenmark wird mittels Knochenmarkpunktion oder Knochenmarkstanzbiopsie an vier unterschiedlichen Stellen gewonnen, meist in Kurznarkose, und anschließend unter dem Mikroskop und mit Hilfe von Spezialverfahren auf bösartige Zellen untersucht. Bei Patienten mit Metastasen wird auch eine MRT des Schädels durchgeführt, um einen Befall des Gehirns auszuschließen. Auch eine Ganzkörper-MRT kann in solchen fortgeschrittenen Krankheitsstadien in Frage kommen, unter anderem, um mögliche Knochenmetastasen nachzuweisen.

Gewebeentnahme (Biopsie)

Prinzipiell ist die endgültige Sicherung der Diagnose nur durch eine feingewebliche (histologische) Untersuchung von Tumorgewebe möglich. Die Entnahme von Tumormaterial zur Diagnosesicherung erfolgt in der Regel mit der Operation. Molekulargenetische Untersuchungen [Molekulargenetik] des entnommenen Gewebes erlauben Rückschlüsse auf das Maß der Bösartigkeit des Tumors. Denn bestimmte Veränderungen (Mutationen) in der Tumor-DNA) (wie die so genannte MYCN-Amplifikation oder 1p-Deletion) sowie die Ausprägung unterschiedlicher Genmuster (Fachleute sprechen von einer ungünstigen Genexpressionssignatur) korrelieren mit einer ungünstigen Prognose, während das Fehlen dieser Veränderungen oder andere Mutationen mit einer günstigeren Prognose einhergehen können [ATT2005a] [BRO1984] [EGG2018a] [FIS2008] [SIM2019] [SIM2017].

Vor einigen Jahren wurden zusätzliche Gendefekte in Neuroblastomzellen entdeckt (zum Beispiel Veränderungen des ALK-Gens oder die so genannte Telomerase-Aktivierung), die im Falle eines Erkrankungsrückfalls teilweise auch therapeutisch genutzt werden können, sofern sie bei der entsprechenden Neuroblastom-Erkrankung vorliegen [OBE2009] [SIM2019] [PEI2015] (siehe hierzu auch Kapitel „Behandlungsmethoden – Weitere Therapieformen“).

Behandlungsvorbereitende Untersuchungen

Je nach Art der geplanten Behandlung können vor Therapiebeginn weitere Untersuchungen hinzukommen, um Zustand und Funktion bestimmter Organe zu überprüfen. Dazu gehören insbesondere vor einer Chemotherapie die Überprüfung der Herzfunktion (Elektrokardiographie‎ [EKG], Echokardiographie‎), der Hörfunktion (Audiometrie‎) und der Nierenfunktion, ein Nieren-Ultraschall oder auch eine Röntgenuntersuchung der Hand, welche Aufschluss über das Wachstumsverhalten des Kindes gibt. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können aufgrund solcher Ausgangsbefunde besser beurteilt und bei der Behandlung entsprechend berücksichtigt werden.

Gut zu wissen: Nicht alle der genannten Untersuchungen sind bei jedem Patienten notwendig. Andererseits können möglicherweise aber auch Untersuchungen hinzukommen, die hier nicht erwähnt wurden. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt oder das Behandlungsteam, welche Untersuchungen bei Ihrem Kind geplant sind und warum die jeweilige Untersuchung erforderlich ist.